Kleines Mädchen mit Superhelden Cape

Corporate Cultural Correctness? – Wo sind sie geblieben, unsere Helden der Vergangenheit?

Er brauchte nur erhaben am Beckenrand vorbei zu schreiten, in seiner gut sitzenden Shorts, mit der Sonnenbrille und den beneidenswert braunen Beinen. Ein Blick über die dunkle Sonnenbrille genügte oft schon, um seiner Autorität Ausdruck zu verleihen. Oder die Situation mit dem Taxifahrer: „Wie lange braucht man bis zum Bahnhof?“ – „20 Minuten, wann geht Ihr Zug?“ „In 10 Minuten!“ – „Das schaffen wir.“ Es waren verkannte Autoritätspersonen der Vergangenheit und kleine Heldentaten des Alltages.

Und wie sieht es heute aus? Rückzug auf Arbeitsvorschriften und Verkehrsschilder, Dienst nach Schichtplan und einstudierte Verhaltenstrainings, verständnisvoller Dialog statt klarer Ansage. Und dann noch der Tod des Komponisten David Bowie, der mit seiner Erscheinung und dem Refrain „We can be heroes just for one day“ zur Ikone einer ganzen Generation wurde. Und der geniale, leider auch etwas griesgrämige Arzt Dr. House läuft auch nicht mehr zur Hauptsendezeit.

Sind Helden nicht mehr angesagt – oder wenn ja, dann nur noch politisch korrekt? Auf Unternehmen adaptiert: führt man nur noch „corporate cultural“ korrekt? Was bedeutet das für die Diskussion um die richtige Führung? Gehen Führungskräfte auf Schmusekurs? An wem können oder dürfen sich Mitarbeiter dann noch orientieren? Sind wir schon in einer post-heroischen Wirtschaft und Gesellschaft angekommen?

Der von mir sehr geschätzte Change Management-Trainer und Vordenker Klaus Doppler (Autor des Hörbuches „Management in stürmischen Zeiten“) propagierte in den Trainings des Kompetenzzentrums oft das Ende der Helden in Wirtschaft und Unternehmen. Stattdessen gehöre dem „weisen Führer“ die Zukunft. Stimmt das aber wirklich? Ich habe da noch meine Zweifel.

Noch geht es uns im Westen gut. Was aber, wenn die Konjunktur kippt, das Unternehmen in Schieflage gerät oder sich Terror-Ängste breit machen? Wie schnell wird dann wieder der Ruf nach dem Macher-Typ, nach den einfachen Botschaften oder nach dem starken Mann oder natürlich nach der starken Frau laut?

Der verstorbene Journalist und FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher weist in einem seiner Essays auf einen Trugschluss hin: Helden brechen nicht über eine Organisation oder Gesellschaft herein – Helden werden gemacht. Es gibt auch eine Nachfrage nach Helden! Daher sind gerade in Krisenzeiten Besonnenheit gefragt und Personen mit einfachen Lösungen zu hinterfragen.

Führung braucht sicher nicht mehr die Macho- oder Helden-Attitüden der Vergangenheit. Aber Wirtschaft braucht heute weiterhin Entscheidungen und damit Entscheider! Daher stehen Führungskräfte immer vor einem Spagat: schnell zu handeln und ausreichend zu beteiligen. Und oft muss einfach schnell entschieden werden.

Was Unternehmen also brauchen ist: eine situative, kontextabhängige und vor allen Dingen wirksame Führung – mal mit dem heldenhaften Weisen, ein anderes Mal mit dem weisen Helden? Oder anders ausgedrückt: nicht den heldenhaften Helden oder den weisen Weisen. Das macht es für Führungskräfte und für Mitarbeiter nicht einfach. Es braucht einen anderen Typus von Persönlichkeit im Unternehmen: den reflektierten, selbstkritischen und achtsamen Menschen.

Für die Führung bedeutet es, sich öfter einmal zurückzunehmen; vom Mitarbeiter verlangt es, mehr Verantwortung zu übernehmen. Weder Laissez-faire noch akribische Anweisungen, weder Weichei- noch Terminator-Image. Führung wird nicht obsolet – eben nur ein klein wenig anders. Der von mir sehr geschätzte Hirnforscher Ernst Pöppel hat diese Form der Führung auf den Punkt gebracht, als er von einer Situation berichtete, in der am Ende ein Teilnehmer ausrief: „Pöppel, give us guidance!“



Kommentare

  1. / von Blog | Creating Corporate Cultures | Rettet die Freaks! Oder: Das beste Sushi der Welt! - Blog | Creating Corporate Cultures

    […] sollte abseits aller corporate cultural correctness im Verhalten und Angepasstsein an Strukturen doch öfter der Ruf durch Unternehmensflure hallen: […]

Kommentar verfassen