Digital Natives

Die Mitarbeiter von morgen – 5 Ansätze zum erfolgreichen Führen von Digital Natives

Wer wir sind

Ich bin 23 Jahre alt. Also mitten drin in der Generation der „Digital Natives“. So zumindest nennt uns die Wissenschaft, wenn sie über die Unterschiede zwischen Alt und Jung schreiben. Wir, von denen sich die meisten nicht an eine Zeit ohne Internet erinnern können. Wir, die wir quasi mit dem Smartphone in der Hand geboren wurden. Die Presse ist voll mit Artikeln über uns: faul, Social-Media-süchtig, spaß-orientiert, verwöhnt – als „MiMiMi Generation“ werden wir bezeichnet. Es soll sogar Unternehmen geben, die sich ganz bewusst dagegen entscheiden, Millennials einzustellen.

Zuerst einmal: Liebe Führungskräfte, Sie kommen um uns nicht herum. Schon bald werden wir die Mehrheit des Arbeitsmarktes ausmachen.

Okay – also wer sind wir wirklich?

Um es gleich ganz klar zu sagen: An den häufig sehr provokativen Schlagzeilen ist durchaus etwas Wahres dran. Wenn ich mich in meinem Umfeld umschaue, treffen viele Klischees auf Bekannte in meinem Alter zu. Und auf mich. Na gut, nicht so überzogen, aber die Tendenzen stimmen. Nur eben nicht so einseitig – sicher, Lob und Anerkennung mögen uns besonders wichtig sein und wir wollen einen Job, der in unser Leben und zu unseren Werten passt. Na und? Aufgewachsen in einer digitalen Welt, bringen wir dafür schon heute viele erfolgskritische Skills für die Digitale Transformation mit in die Arbeitswelt. Wichtig ist nicht die Frage, ob unserem Arbeitgeber unsere Haltung und Ansprüche gefallen, sondern wie er damit umgeht. Denn wir kommen. So oder so.

Ab 2020 stellen Millennials die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung. Und, ganz ehrlich: Viele Unternehmen und Führungskräfte sind noch nicht auf uns eingestellt. Hier ein paar Impulse: 5 Tipps von den Kunden und Mitarbeitern der Zukunft.

1. Uns ist es egal, wo und wann wir arbeiten, solange wir den Job effizient erledigen können

Vorneweg: Kaffeebar, Playstation, …klar, damit kann ein Arbeitgeber punkten. Ist aber ein „Nice to Have“. Viel wichtiger ist Funktionalität! Schnelles WLAN, die Möglichkeit Videotelefonie zu nutzen und die Flexibilität von Arbeitszeit, Ort und Führungskraft.

Was für uns eine Selbstverständlichkeit ist: Remote Work im Homeoffice oder im Café. Das ist heute schon vielerorts bekannt, in ein paar Unternehmen sogar möglich. Der nächste Schritt für Führungskräfte aber ist an dieser Stelle besonders wichtig: Vorleben! Wer sagt, dass er die Kultur verändern möchte, sollte selbst auch bereit sein, sich und seine Arbeitsweise zu ändern. Wann sind Sie zuletzt als erstes aus dem Büro gegangen und haben ihrem Team ein selbstverständliches „Ich mach heute mal früher Schluss“ zugerufen? Klingt provokant, ist aber vielleicht mal einen Test wert. Das Privatleben wird es Ihnen zusätzlich danken.

2. Work-Life-Blending

Wir arbeiten hart, der Job muss aber in unser Leben passen. Das gelingt z. B. über eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel oder Förderung von flexibler Mobilität (E-Scooter für alle!). Oder als Idee für die ganz mutigen Unternehmer: Jeder Mitarbeiter soll so viel Urlaub nehmen können wie er will! Erfahrungen z. B. bei VIRGIN zeigen, dass man deswegen nicht weniger arbeitet. Bringt aber PR, lockt Talente und erhöht Motivation durch gefühlte Flexibilität und Freiheit.

3. Wir wollen Führungskräfte, keine Chefs

Dass Command-and-Control ausgedient hat, ist inzwischen vielen klar. Gut, in einigen Arbeitsumfeldern mögen solche Ansätze nach wie vor sinnvoll sein, aber gesagt werden muss es trotzdem: Wir wollen keinen Chef, wir wollen einen Coach und Mentor. Jemand, der Spaß und Sinn ins Team bringt und zum Wachstum antreibt. Jemanden wie Jürgen Klopp. Feedback ist dabei ein ganz wichtiger Baustein. Und damit meine ich nicht ein jährliches Feedback-Gespräch. Damit meine ich regelmäßige Einzel- / Gruppenfeedbacks, persönliches, digitales, anonymes und transparentes Feedback. Und das sollte oft und überall stattfinden und nicht (nur) Teil eines geplanten Meetings sein. Wir brauchen Führungskräfte, die zum stetigen Lernen und Wachsen anregen.

4. Bitte einbeziehen! Die (digitalen) Potenziale dieser Generation als Chance nutzen

Es macht riesigen Spaß, Projekte mit dem ganzen Team zu entwickeln. Gerade dann, wenn die Kollegen mich wertschätzen und unterstützen – trotz oder wegen meines Alters. Ich erwarte von meiner Führungskraft, dass er oder sie meine Meinung hört und verstehen will. Gleiches gilt übrigens auch für Produkte. Ca. 80 % aller neuen Produkte floppen, weil sie am Kunden vorbei entwickelt werden. Wir sind eine Generation, die sehr offen ist, sich in Produktentwicklung einzubringen. Nutzen Sie das doch! Eine einfache Gleichung: Kundenzusammenarbeit + Transparenz = 100 % kundenorientierte Produkte.

5. Kulturveränderung statt Sitzsäcke

Flexibles Arbeiten, regelmäßiges Feedback, Eigenverantwortung, …auf dem Papier nichts Neues. Trotzdem sind das vielerorts nur leere Versprechungen anstatt gelebter Realität. All das erfordert nämlich vor allem eins: eine neue Kultur. Eine Kultur, in der sich Führungskräfte nicht für die Schlausten im ganzen Laden halten und nur Aufgaben verteilen, sondern stattdessen ihre Mitarbeiter beim Wachsen und Entwickeln unterstützen. Wir brauchen Führungskräfte, die das WAS vorgeben und nicht das WIE. Führungskräfte, die den Mut entwickeln, auch mal zu stolpern, die ein klares Spielfeld schaffen und dann auch am Spiel selbst teilnehmen.

Diese Werte wollen wir nicht auf Plakaten im Eingangsbereich oder auf der Website lesen. Wir wollen sie erleben. Jeden Tag.



Kommentare

  1. / von Heike

    Lieber Paul, einige Punkte in ihrem Blog sind interessant und vieles sogar sympathisch effizient und auf den Punkt. Und klar, das Leben besteht nicht nur aus Arbeit. Doch ich sehe in Ihrem Artikel nur eine lange Liste an Forderungen, die Sie an potenzielle Chefs und Arbeitgeber stellen. Wo aber stehen Punkte, die Ihre Generation dann bereit ist, einzubringen zum Wohl des Unternehmens oder zum Wohl der Gemeinschaft? Ein wenig mehr Demut – erstmal zeigen, was man drauf hat und dann damit argumentieren, wenn Sie mehr Freizeit oder Freiheiten wollen – das jedenfalls ist die Reihenfolge, die ich als gar nicht so viel ältere Generation Y-Vertreterin als fair empfinde. Fortschritt und Wachstum entstehen nicht davon, dass man Forderungen aufmacht, sondern nur, wenn man sich anstrengt, etwas Großartiges auf die Beine zu stellen – oft nur erhältlich mit Ausdauer und Disziplin… Viele Grüße, Heike

    1. / von Paul von Preußen
      zu

      Hallo Heike, danke für das Feedback! Die Zeilen sind natürlich provokant geschrieben und sollen bewusst die Diskussion anregen. Deine Reaktion erhalte ich oft – und kann sie sehr gut nachvollziehen! Selbstverständlich sind Werte wie Ausdauer und Disziplin zentral, egal ob jung oder alt, jeder sollte sie erlernen. Das wird sich auch nicht ändern. Was sich aber ändert, sind die Fähigkeiten und Anforderungen der jungen Generation. Hier gibt es ein riesiges Potential und es entstehen prima Chancen, wenn man in den Austausch geht und voneinander lernt. Schreib mir gerne, ich freue mich auf Deine Nachricht!

  2. / von Persoblogger Stefan Scheller

    Vielen Dank für diesen Beitrag, lieber Paul von Preußen! Inhaltlich bin ich komplett bei Ihnen. Nur musste ich ein wenig schmunzeln, dass ausgerechnet Jürgen Klopp das Rolemodel für die Führungskraft der Wahl sein sollte. Ich stellte mir dabei vor, wie Mitarbeiter von der Führungskraft vor Zehntausenden anderen öffentlich für Fehler angeschrien und rund gemacht werden, genaue Anweisungen für zukünftiges Verhalten auf dem Platz (sprich bei der Arbeit) erhalten und bei Nichtleistung erstmal vom Platz gestellt werden. – Ein spannendes Bild, das so gar nicht zur ansonsten im Beitrag beschriebenen Generation Z zu passen scheint.
    Herzliche Grüße
    Persoblogger Stefan Scheller

    1. / von Paul von Preußen
      zu

      Lieber Stefan Scheller, ein spannender Gedanke! Einige Trainer-Momente am Spielfeldrand sind auf den ersten Blick sicher nicht so „millennial-friendly“. In diesem Fall geht es mir aber besonders um die Themen Motivation, Sinn und Wachstum. Wenn man Spieler über Jürgen Klopp reden hört, dann wird deutlich, was für ein Coach er ist. Und wenn diese Werte stimmen, lasse ich mich auch gerne mal auf dem Platz anschreien! 😉

  3. / von Tamer

    Hallo Paul von Preußen,

    Huhh, wir sind schon bei Generation „Z“ angekommen (irgendwie war ich bei „Y“ stehen geblieben). Heute bin ich zufällig auf diesen Blog gestoßen und finde ihn interessant!
    Ich finde es ebenfalls interessant, dass Klopp herangezogen wird – denn er ist ja 52! Also gibt es doch noch ein paar gute, alte Menschenwerte die wirken – unabhängig, Zeit, Raum und Medien. 🙂
    Ich war schon immer für Brücken bauen: Sei es über den Fluss, zwischen den Menschen oder eben auch zwischen den Generationen.

    Auch wenn „Ihr“ bald die Mehrheit des Arbeitsmarktes darstellen werdet, was ja völlig i.O. und die Natur der Dinge ist, wie kann man „euch“ doch vielleicht etwas länger an ein Unternehmen binden oder länger glücklich machen? Bestimmt nicht damit, dass die oben 5 genannten Punkte perfekt erfüllt werden oder?

    Eine Frage interessiert mich noch: Powerpoint ist total out oder?

    Viel Grüße!

    1. / von Paul von Preussen
      zu

      Hallo und danke für den Kommentar!
      Ja, die guten alten Werte werden sich hoffentkich auch nie ändern, sie bilden nach wie vor das Rückrat unserer Gesellschaft und auch in der Arbeitswelt!
      Sicher, die fünf obengenannten Punkte sind schon ein erster Ansatz, um die junge Generation ans Unternehmen zu binden, aber es gibt tatsächlich noch den einen oder anderen Tipp/Trick/Rat von unserer Seite! Gerne einfach mal melden bei mir: paul@digital8.ai . 🙂
      PS: Powerpoint kann manchmal ganz hilfreich sein, aber wirklich gute Präsentationen sollten aus unserer Sicht auf Wesentlicheres aufbauen…

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