Meeting

Transparenz und Klarheit sind das Fundament sinnstiftender Meetings

Der Ruf von Meetings könnte kaum schlechter sein. „Sinnlos“, „ineffizient“ und „zeitraubend“ sind Attribute, die in diesem Zusammenhang häufig zu hören sind. Doch trotz dieser Negativbilanz – es führt augenscheinlich kein Weg vorbei an den ungeliebten Treffen. Im Gegenteil – in Zeiten wachsender Komplexität wird es immer wichtiger, sich abzustimmen und Fachexpertisen zusammenzuführen. Freilich gibt es Regeln, die die Sitzungsleitung bei der Durchführung der Meetings unterstützen und für mehr Struktur und Effizienz sorgen können. Diese Regeln sind durchaus sinnvoll. Und doch wirken viele dieser Tipps an der Oberfläche. Die Sinnhaftigkeit und der konkrete Nutzen des gemeinsamen Miteinanders entscheiden sich in der Tiefe – und das bereits bevor die Akteure zusammenkommen.

 

Der Rahmen des Erfolgs

In der systemischen Moderation wird im Zuge der Vorbereitung eines Meetings oder Workshops dem Moderations-Check eine besondere Bedeutung beigemessen. Hierzu gehört die glasklare Definition des Ziels und der Rahmenbedingungen. Es gilt genau festzustellen, wo Partizipation gefordert bzw. möglich ist und welche bereits festgelegten Rahmenbedingungen es hierbei zu beachten gilt. Schließlich sollen Zeit und Energie der Teilnehmenden sinnvoll genutzt werden.

Das klingt banal – ist es aber keinesfalls! Bedarf es hierfür doch ein genaues Hinschauen und Aufdröseln der Gesamtgemengelage. Erfolgt dies nicht, mutiert die Meeting-Runde im Nu zur sinnfreien „Alibi-Moderation“ ohne Chance auf tragfähige Ergebnisse – dafür aber mit hohem Frustrationspotenzial.

Zu den zu kommunizierenden Rahmenbedingungen zählen unveränderbare Entscheidungen, die von den Teilnehmenden nicht zu beeinflussen sind. Diese können beispielsweise

  • fachlich inhaltlicher
  • personeller
  • finanzieller
  • terminlicher
  • gesetzlicher

Natur sein.

Um im Meeting zielorientiert arbeiten zu können, braucht es genau diese Informationen. Stehen diese nur zu einem geringen Teil zur Verfügung, stellt sich die Frage, ob es überhaupt Sinn macht, dieses Thema in der Sitzung aufzurufen oder ob es nicht klüger wäre, zu diesem Agendapunkt den Stand der Dinge zu verkünden und das gemeinsame, partizipative Arbeiten zu vertagen. Oder aber den Arbeitsschritt genau darauf zu fokussieren, gemeinsam festzustellen, welche Informationen noch nötig sind, um zielorientiert weiterarbeiten zu können.

Was jede Sinnhaftigkeit konterkariert, ist das bewusste oder unbewusste Zurückhalten von relevanten Informationen. Glauben Sie mir, die Teilnehmer kommen auch mit einem vermeintlich kleinen Gestaltungsspielraum zurecht, wenn dieser offen und ehrlich benannt – und dann auch eingehalten wird! Denn nichts ist in der Moderation demotivierender, als in einer vermeintlichen Freiheit zu denken und zu planen und am Ende – oft lange Zeit nach dem Meeting oder Workshop – die tatsächlichen Grenzen zu erkennen. Haben Sie solch eine Situation auch schon einmal erlebt? Dann sind Sie nicht allein. So erklärt sich auch die häufig anzutreffende Skepsis und Demotivation der Teilnehmer.

ACHTUNG: Es geht hier keinesfalls darum, im Moderationsprozess das Denken „out of the box“ zu verhindern. Im Gegenteil! Kreative und innovative Lösungen sind heute mehr denn je gefordert.
Doch nur wenn die Rahmenbedingungen klar sind, kann es gelingen, über freies Denken und kreative, ungewöhnliche Wege am Ende des Tages zu möglicherweise überraschenden aber dennoch umsetzbaren Lösungen zu gelangen.

In einem Moderationsprozess, den ich unlängst für einen Verwaltungsbereich konzipieren und begleiten durfte, ging es um die durch geänderte Anforderungen notwendig gewordene Neugestaltung der Dienstpläne. Ziel war es, die Mitarbeiter mit ihren Ideen und Bedürfnissen in die Lösungsfindung einzubeziehen, so dass der neue Plan einerseits den neuen Anforderungen – und andererseits den Lebenssituationen der Mitarbeiter entsprach. Keine Frage – für die Mitarbeiter war klar, die Abteilungsleitung hatte den fertigen Plan bereits in der Schublade. Die Skepsis war greifbar! Da mussten wir alle durch. Doch durch das Erleben im Prozess haben die Mitarbeiter erfahren können, dass es genauso nicht war. Natürlich gab es einschränkende Rahmenbedingungen. Und diese wurden bereits von Anfang an klar kommuniziert, so dass die Mitarbeiter innerhalb des skizzierten Rahmens auch tatsächlich gestalten und sich einbringen konnten. Es war schon beeindruckend, wie sich die Stimmung gewandelt hat, als die Teilnehmer nach und nach feststellen konnten, dass ihre Meinung tatsächlich gefragt war! Und Sie können sich vorstellen, dass dieser Plan dann auch mit einem hohen Maß an Commitment verbunden war.

Durch einen mit Transparenz und Klarheit gesetzten Gestaltungsrahmen wird es den Teilnehmern möglich, Sinnhaftigkeit zu erleben. Genau diese Sinnhaftigkeit ist der größte Motivations-Stellhebel in der Moderation!

 

Jeder tickt anders

Schon Schopenhauer wusste: „Obwohl wir alle in derselben Umgebung leben, lebt jeder in seiner eigenen Welt!“ So ist es auch am Meetingtisch: Jeder Teilnehmer schaut durch seine ganz persönliche Brille auf die zu bearbeitende Aufgabe. Diese Verschiedenartigkeit zu würdigen und konstruktiv zu nutzen, ist eine Kernkompetenz in der systemischen Moderation. Für die Teilnehmenden wird dies besonders durch die Haltung der Moderatorin bzw. des Moderators spürbar.
Und die Aufgabe in der Vorbereitung: Damit die schon zitierte Klarheit möglich wird, gilt es die unterschiedlichen Sichtweisen zu antizipieren und sowohl bei der Kommunikation von Ziel und Rahmenbedingungen als auch bei der Entwicklung des Meeting- oder Workshop-Planes zu berücksichtigen. Hier lohnt es sich, bewusst Extra-Schleifen einzubauen, um alle abzuholen und das gemeinsame Verständnis sicher zu stellen.

 

Sind alle Perspektiven am Tisch?

Systemisch zu denken heißt in Auswirkungen zu denken. Gerne wird hier die Metapher des Mobiles genutzt: Stößt man eine Seite an, bewegt sich das ganze Konstrukt. So gilt es im Vorfeld des gemeinsamen Arbeitens zu klären, wer auf die zu lösende Aufgabe noch Einfluss hat bzw. davon betroffen ist. Möglicherweise können Vertreter dieser Bereiche mit eingeladen werden. Und falls dies nicht durchführbar ist, denken Sie schon bei der Vorbereitung daran, im Meeting zumindest die Perspektive dieser Stakeholder einzunehmen und die Erkenntnisse entsprechend mit aufzunehmen.

Die Basis des Erfolgs des gemeinsamen Arbeitens wird also vor dem Sitzungsbeginn gelegt. Keine Frage, dass solch eine Vorbereitung auch einiges an Zeit in Anspruch nimmt. Aber diese Investition amortisiert sich noch ehe die Meeting-Kekse aufgegessen sind!

Gelingt es, dieses sinnhafte und transparente Arbeiten nicht nur auszuprobieren, sondern zu professionalisieren und zu etablieren, kann daraus Stück für Stück eine neue sinnstiftende Meeting-Kultur entstehen.



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