Wie viel Emotionalität verträgt eine weibliche Karriere?
BUSINESS UNUSUAL – der Perspektivwechsel verbunden mit Mut zur Umsetzung ist für Führungskräfte heute ein Muss. Mit unserem Camp Q – der Leadership Konferenz für Querdenker wollen wir Führungskräfte dazu inspirieren und gleichzeitig dabei unterstützen, gesellschaftlich und nachhaltig zu handeln. Eben anders zu führen. Denn angesichts der Schnelllebigkeit und Komplexität in Wirtschaft und Arbeitswelt müssen wir die Herausforderungen der Zukunft neu angehen und Querdenken! Dazu möchten wir mit unserem heutigen Blog anregen.
„Das ist eine ganz und gar emotionale Entscheidung von ihr.“
Diese Aussage haben wir alle sicher schon häufiger gehört. Besonders wenn es darum ging eine Entscheidung in Frage zu stellen, die von einer Frau getroffen wurde. Oder einen Grund zu finden, die Entscheidung nicht zu akzeptieren. Diesen Einwand hört man übrigens von Männern und Frauen gleichermaßen, jedoch aus unterschiedlichen Motiven.
Hätte ein Mann die Entscheidung getroffen, hätte das Urteil vermutlich gelautet: Ja, das war eine klare Bauchentscheidung, aber vorgenommen auf der Grundlage von Fakten.
Lässt sich diese Beobachtung verallgemeinern? Oder ist sie nur ein kleiner Bildausschnitt?
Emotionalität und weibliche Karrieren – dieses Thema polarisiert nach wie vor. Positiv besetzt für diejenigen, die meinen, dass Emotionalität ein wesentlicher Baustein unseres neuen Arbeitslebens ist. Eher negativ für alle, die meinen Themen wie Weiblichkeit und Emotionalität hätten im Arbeitsalltag doch weniger zu suchen – es sei denn, die eigene (männliche?) Karriere würde dadurch befördert.
Was heißt überhaupt „Emotionalität“?
Wikipedia sagt: „Emotion bezeichnet eine Gemütsbewegung im Sinne eines Affektes. Sie ist ein psychophysiologisches, auch psychisches Phänomen, das durch die bewusste oder unbewusste Wahrnehmung eines Ereignisses oder einer Situation ausgelöst wird. Emotionen sind ein Gefühl, eine Gemütsbewegung und wesentlicher Teil unseres Lebens. Das gilt speziell für die großen Gefühle, z. B. Trauer und Liebe.“ Wobei die Allgemeinheit die Emotionen an sich eher für eine Sache der Frauen hält. Emotionen sind tendenziell weiblich. Steht diese Einschätzung nun Frauen bei ihrer Karriere im Weg? Oder ist es sogar eine Tatsache?
Was unterscheidet eine weibliche Karriere von einer männlichen?
Eine Studie („Frauenkarrieren: zwischen Ambition und Resignation“ von Prof. Dr. Erika Regnet Professorin für Personalmanagement an der Hochschule Augsburg) räumte hier mit dem weit verbreiteten Vorurteil bezüglich der Ambition auf. Sie fand heraus: Frauen sind genauso karriereorientiert wie Männer. Es zeigte sich aber auch: Frauen schätzen ihre Chancen, berufliche Ziele tatsächlich verwirklichen zu können, deutlich schlechter ein, als dies ihre männlichen Kollegen tun. Diese Sichtweise hat weitreichende Konsequenzen.
Sicher lassen sich Karrieren nach vielen unterschiedlichen Kriterien ordnen und in Clustern zusammenfassen. Frauen haben für sich die Möglichkeit zwischen sehr unterschiedlichen Lebensentwürfen zu wählen und eine klassische Berufs-Karriere ist eben auch nur eine Option. Eine typische weibliche Karriere lässt sich bei dieser Betrachtungsweise daher jedoch nicht ableiten.
Das Typische im Karriereweg von Frauen zeigt sich zu Beginn sowie zwischen den einzelnen Karrierestufen.
Damit sie – gefühlt – überhaupt eine Chance auf eine bestimmte Position haben, bewerben sich die meisten Frauen erst dann, wenn sie sich sicher sind, diese erfolgreich ausfüllen zu können – konkret: wenn sie sicher sind, mindestens 90 %, besser jedoch 100 % der Anforderungen von Anfang an zu erfüllen. Das bedeutet: Weibliche Bewerber sind häufig besser für die jeweilige Führungsaufgabe geeignet als ihre männliche Konkurrenz. Darüber hinaus ist es für Frauen wesentlich wichtiger, dass ihre Karriere sinnhaft ist. Sie soll einem klaren Ziel und Zweck dienen. Dabei muss auch das Umfeld aktiv eingebunden und einverstanden sein. Dann fühlt Frau sich wohl – denn das will sie. Und genau hier liegt der kritische Punkt.
Wie vertragen sich Emotionalität und die weibliche Karriere?
Für Frauen hat bei der Entscheidungsfindung das Gesamtwohl Priorität. Die Auswirkungen auf individuelle persönliche Karrieren – auch auf die eigene! – spielen eine sekundäre Rolle. Als Dank für ihre Entscheidung mit Rücksicht auf die gemeinsamen Ziele und das Gesamtwohl erwarten Frauen von ihrem Team allerdings eine hohe emotionale Gegenleistung – sie wollen „geliebt“ werden. Respekt und Anerkennung allein empfinden sie als nicht ausreichend. Eine emotionale Bindung in ihrem beruflichen Umfeld zu haben, ist für sie etwas Wesentliches.
Jedoch müssen Tag für Tag eine Vielzahl von Einzel-Entscheidungen von ihnen getroffen werden. Nicht selten unter Zeitdruck sowie unter Berücksichtigung übergeordneter Ziele. Eine Einbeziehung aller in den Entscheidungsprozess ist dabei oftmals schlicht nicht möglich. Und somit lässt es sich überhaupt nicht vermeiden, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen und dazu zu stehen. In der Folge wird es immer Entscheidungen geben, die einzelnen Mitgliedern des Teams der Unternehmung nicht gefallen – etwa, weil sie Veränderungen für den eigenen Arbeitsplatz bedeuten oder Auswirkungen auf die spezifischen Aufgabenbereiche oder auch auf individuelle Karriereperspektiven haben. Ein Zuviel an Emotionalität kann dabei hinderlich sein.
Ersetzen wir jetzt einmal „Emotionalität“ durch „Empathie“. – Wie verträgt sich Empathie mit einer weiblichen Karriere?
Diese ureigene Gabe der Frauen verträgt sich nicht nur exzellent mit ihrer Karriere, sie befördert sie. Denn gerade für die heutige Generation hat die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit die höchste Relevanz und sie wollen und erwarten in ihrer Arbeitswelt optimal mitgenommen zu werden. Wir leben und arbeiten in einer sehr bewussten und an Nachhaltigkeit orientierten Zeit. Das gilt sowohl für die arbeits- als auch für die gesellschaftspolitischen Herausforderungen. Unsere Zeit erfordert daher enorme Transformationen, die nur durch neue Konzepte für ein neues Miteinander möglich werden. Ohne einen paritätischen Anteil von Frauen in leitenden Positionen werden wir dieser Herausforderung nicht gerecht. Darum brauchen wir inspirierende Persönlichkeiten, die weiblichen Führungsstil erfolgreich vorleben und anderen Frauen den Mut geben ihr volles Potenzial auszuleben und eine eigene Karriere zu starten. In einer für uns alle erfolgreichen Zukunft kann es für Frauen und Männer nur ein Karriereziel geben: die sinnhafte Arbeit in einem gemischten Team.
„Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“ (Francis Picabia)
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