Vertrauenskultur

Vertrauenskultur – im Homeoffice!

Professionelles Homeoffice gewinnt durch zwei Treiber: Vertrauen und Leistungsbereitschaft. Für den organisationalen Erfolg ist es die Herausforderung das lernende Zusammenspiel von gesundem Selbstmanagement und flexibler Kollaboration vertrauensvoll zu kultivieren (Kunze, 2020).

Die räumliche und zeitliche Entgrenzung der Arbeit ist ein zentraler Faktor für die zukunftsfähige Transformation in Unternehmen.
Wozu? Um auch zukünftig durchdachte positive Antworten auf immer komplexere Herausforderungen schnell parat zu haben.

Selbst-Vertrauen

Interpersonales Vertrauen ist Ausdruck einer intakten Beziehung – im Privaten, wie in der Arbeit der Zukunft. Diese Beziehung beginnt im Homeoffice – ebenfalls wie im wirklichen Leben – bei der einzelnen Person.
Kann ich mir körperlich und mental selber vertrauen? Kommuniziere ich offen, partizipativ und lebe meine beruflichen Werte authentisch?

Die persönliche Veranlagung bildet gepaart mit den bisherigen Erfahrungen die Basis. Wer seine eigene mentale Stärke gut kennt und mit Begeisterung adäquate Ziele anstrebt, setzt seine emotionale Intelligenz optimal ein. Neurophysiologisch betrachtet werden die kleinen und großen Erfolge vom Belohnungszentrum positiv unterstützt, Glückshormone und neurogenerative Transmitter freigesetzt und dieses Vorgehen als wiederholenswert abgespeichert. Die aktivierten Nervenbahnen werden in ihrer Funktion ausgebaut, so dass dieselbe oder ähnliche Handlungen im nächsten Durchlauf noch besser gelingen. Der Mensch fühlt sich gut und wird mit Begeisterung neue Ziele anstreben und Problemlösekompetenzen ins Spiel bringen.
Die Strahlkraft dieser intrinsischen Motivation wird im Team positiv wahrgenommen und fördert die proaktive Grundhaltung und somit auch eine gesunde Vertrauenskultur.

Vertrauenskultur

In hybriden Arbeitsformen oder komplett dezentralen Netzwerken liegt die Herausforderung im Bereich der „weichen“ Faktoren, der individuellen sozialen, kooperativen als auch partizipativen Kompetenzen. Auch Studien belegen, dass das Vertrauen eine wichtige soziale Ressource für die Generierung von nachhaltigem wirtschaftlichem Unternehmenserfolg ist (Buffer, 2020).

Grafik: Größte Herausforderung liegt in der Kollaboration, Kommunikation und Einsamkeit (Buffer, 2020).

Nun lässt sich eine gesunde Vertrauenskultur nicht schnell gewinnen, sondern sie kann nur wachsen – lässt sich schon gar nicht erzwingen und kann in Sekunden verloren gehen.

Der Reifungsprozess ist sensibel, kann sich jedoch gerade in Krisen beschleunigen. Denn, wer gemeinsam durch „Dick und Dünn“ gegangen ist, herausfordernde Situationen gemeistert hat, der kennt die Stärken und Schwächen des anderen und arbeitet effektiv zusammen. Am leichtesten gelingt eine ausbalancierte Arbeitskultur zwischen mobilen und stationären Arbeitsplätzen, wenn ein Team bereits im Büro zusammengearbeitet und eine Art „soziales Kapital“ aufgebaut hat, also vertraut miteinander ist und eine gesunde Vertrauenskultur vorhanden ist. Ist dieses nicht der Fall, werden z. B. schon ganz praktisch durch das tägliche Einhalten und Einfordern auch kleinster Absprachen die vertrauensvolle Zusammenarbeit und somit das Innovationskapital gefördert (Kunze, 2020). Wenn die Distanz zur Einsamkeit wird, verlieren die Mitarbeitenden das Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen und sind leichte Beute für Headhunter.

Leistungsbereitschaft

Was ändert sich denn nun eigentlich für Sie als Führungskraft, wenn einzelne Personen, Abteilungen oder sogar das ganze Unternehmen ins Homeoffice umziehen, bzw. dort generell arbeiten?

Die räumliche Distanz ändert Ihre bisherigen Wahrnehmungs- und Kommunikationsmöglichkeiten, somit den Produktivitäts-Prozess. Die vertraute Präsenz am Arbeitsplatz als Basis gilt es durch sinnvolle Aspekte zu ergänzen oder zu ersetzen. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, so dass Veränderungen zunächst mit Anstrengung – für Viele zusätzlich mit Verunsicherung verbunden ist – wenn auf einmal langjährig gepflegte Prozesse anders zu gestalten sind – das braucht Aufmerksamkeit, Zeit und Energie.

Grafik: SIXpack-Zirkel; www.inno-mind.de

Wie der Inno-mind SixPack-Zirkel selbsterklärend darstellt, gehören im Ökosystem Homeoffice Themen wie agile Führung, gesundes Selbstmanagement, flexible Rollenverteilung, das Erarbeiten und Einhalten von Regeln, Changemanagement und die komfortable Reduzierung der Komplexität zur Tagesordnung.

Da das Vertrauen ein erlerntes Verhalten ist, das aus persönlichen Erfahrungswerten resultiert, können Selbst- und Fremdvertrauen sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und somit die individuelle Leistungsbereitschaft und Effizienz beeinflussen. Wer früh gelernt hat, dass Erfolge aufgrund des eigenen Könnens wiederholbar sind und dass die Mehrheit der Menschen Vertrauen belohnt, bleibt auch bei Verunsicherungen vertrauensvoll und produktiv. Auch anderen traut diese Person wertschätzend Vieles zu. Denn der Glaube daran, dass etwas überhaupt gelingen kann, ist bereits der erste Vertrauensakt.

Selbstmanagement

Für Sie als Führungskraft ist es die Herausforderung der dezentralen Arbeit, alle Mitarbeitenden bei wachsender Komplexität im Blick zu behalten, Aufgaben maßvoll zu delegieren und vor allen Dingen strategisch sinnvolle Ansätze zu wählen, um individuelle Leistungserbringung optimal zu ermöglichen.

Wenn Sie – auch im Homeoffice – als gutes Beispiel vorangehen, mit Vision und Inspiration integer führen, werden Ihre Teams umso motivierter kreativ zusammenarbeiten. Besonders relevant ist es an dieser Stelle zu beachten, dass es durch die ausgedehntere Bildschirmarbeit zu gesundheitlichen Belastungen kommen kann. Der Gesundheitsschutz muss von vorneherein – gestützt durch Schulungen, Workshops und Fortbildungen – im Mittelpunkt stehen, damit körperliche Belastungen und emotionale Erschöpfung erst gar nicht entstehen.

Ein besonders kritischer Punkt ist der Erhalt der sensorischen Funktionen, die nicht nur die Konzentration, sondern auch das Vegetativum und somit die Wahrnehmung unseres Wohlbefindens steuern. Eine ausgewogene sensomotorische Stimulation signalisiert unserer Situations-Wahrnehmung in der Amygdala des limbischen Systems, dass keine Gefahr besteht und wir uns an neue Herausforderungen herantrauen dürfen.

Zusätzlich sind wir Menschen soziale Wesen und brauchen vertraute Kontakte. Täglich mindestens 15 Minuten Zeit sollte sich jedes Team zu einer möglichst fest gesetzten Zeit für den persönlichen Austausch gönnen (fördert das professionelle dynamische Zusammenspiel und gibt Sicherheit). Auch hier gibt professionelle Unterstützung neue Impulse und bringt frischen Wind in das Betriebsklima.

Gestalten Sie sich einen Homeoffice-Arbeitsplatz, der Ihren Arbeitsprozessen entspricht und eine stimmige Aussage für Sie selbst, aber auch in Videokonferenzen nach draußen, transportiert.

Gehen Sie in Gedanken Wohlfühlorte Ihres Lebens durch und überlegen Sie sich, wie Sie eine Farbe, einen Duft oder ein Bild in Ihren Arbeitsalltag integrieren können, um sich selbst wohl zu fühlen und anderen vertrauenswürdig und offen begegnen zu können. Lassen Sie sich von den Kolleg:innen, die gerade präsent sind einmal wöchentlich Geräusche aus dem „Betrieb“ oder der Kaffeemaschine senden.

Kollaboration

Eine gesunde Vertrauenskultur lässt sich durch kein Homeoffice erschüttern – aber, gibt es in der Präsenzarbeit schon dunkle Flecken in der Transparenz, der Fehlerkultur oder Partizipation, dann wird das Homeoffice schnell zur Herausforderung. Denn das Vertrauen in Homeoffice-Zeiten kann nur, z. B. durch persönliche Aufmerksamkeit, digitale Kaffeemaschinen oder Townhalls kultiviert werden, wenn es bereits vorhanden ist. Oder anders formuliert: Auch für Defizite in der Vertrauenskultur sind die Corona-Krise und die damit verbundenen Veränderungen ein starker Katalysator. Unternehmen müssen jetzt, um Erfolg zu haben, schneller denn je reagieren und maximal anpassungsfähig an komplexe Herausforderungen sein.

Vertrauen kann aber auch verspielt werden: Wenn z. B. Abmachungen oder vereinbarte Spielregeln nicht eingehalten werden, Profilierung auf Kosten anderer, Herunterspielen von Stärken und Talenten, Schmieden von Allianzen hinter dem Rücken und das Zurückhalten von wichtigen Informationen stattfinden. Da es im Homeoffice, aufgrund der Distanz schneller zu Missverständnissen kommt, sollten wechselseitige Feedbackschleifen zum Klären von Dissonanzen regelmäßig, idealerweise wöchentlich, durchgeführt werden. Der Erfolg eines Teams hängt nicht zuletzt davon ab, in welchem Licht Sie als Vorgesetzte Ihre Mitarbeitenden betrachten, sondern auch, was Sie Ihnen zutrauen. Beherzte Großzügigkeit und echtes Vertrauen der Führungskraft in die Leistungen und Fähigkeiten des Teams spüren auch die Mitarbeitenden – und sind somit ein Erfolgsfaktor für gelingende flexible Zusammenarbeit.

Grafik: Herausforderung Kollaboration im Homeoffice (Gensler, 2020)

My Feel-Good-Homeoffice

Haben Sie sich an der ein oder anderen Stelle angesprochen gefühlt? Was sind Ihre individuellen Bedürfnisse, um von überall effizient zum organisationalen Nutzen beitragen zu können? Organisieren Sie gemeinsam mit Ihrem Team Ihr eigenes Feel-Good-Home-Office-Netzwerk.

Gehen Sie als Führungskraft mit gutem Beispiel voran und besuchen Sie Fortbildungen und Seminare. Führen Sie regelmäßige Lobmails ein und teilen Sie mit, welche Erfolge gezeitigt wurden. Motivieren Sie Ihre Mitarbeitenden sich zu vernetzen und nachhaltige soziale Netzwerke aufzubauen und zu leben, damit Sie alle produktiv, gesund und motiviert bleiben.

Zufällige Begegnungen an der Kaffeemaschine, das gemeinsame Mittagessen, das schnelle Feedback zu einem Dokument – vieles davon lässt sich auch im digitalen Raum leben, sei es mit einem „Random Coffee“, einem E-Lunch oder einem kurzen Videoanruf mit Bildschirmübertragung. Probieren Sie aus, was Ihnen und Ihrem Team guttut und die „gute alte“ Stimmung der Präsenz-Arbeit gleichwertig oder sogar besser nachbildet.

Denn zu guter Letzt bedeutet Vertrauenskultur – erst recht in einer Krise – sich auf sich selbst und die anderen verlassen zu können, ob Sie im Homeoffice sind oder nicht.


Quellen:



Kommentare

  1. / von Martha Richmond

    Homeoffice-Pflicht, überall dort, wo es möglich ist. Bei dieser Aussage spielt die Definition des “Möglichen” eine tragende Rolle. Theorie und Praxis liegen hierbei weit auseinander. So ist neben den technischen Möglichkeiten ein besonderes Augenmerk auf die Art der Tätigkeit zu legen.
    Was, wenn sich Arbeitsabläufe tagtäglich wiederholen?

    Besonders in Berufen, die von Haus aus nicht sonderlich abwechslungsreich sind, ist der soziale Austausch im Team und ein motivierendes Arbeitsklima essentiell. Entfallen diese Formen des Ausgleichs, zieht neben der Arbeit auch der Trott mit ein. Das Ergebnis: Die berühmte Decke fällt auf den Kopf.
    oder Sie können versuchen, in Coworking zu arbeiten!

    1. / von Dr. Alexandra Heinzelmann
      zu

      Liebe Frau Richmond,

      Coworking ist in vielen Fällen sicherlich eine sehr gute Idee. Darüber hinaus gibt es verschiedenste neue Arbeitsformen, die sowohl im täglichen Teamwork stattfinden können – online und präsent. Zusätzlich erlebe ich in unseren Coachings und Audits des Qualitätssiegels „Familienfreundlicher Arbeitgeber“, dass es viele wirkungsvolle Erfolgsfaktoren gibt, mit denen oftmals durch ganz einfache Veränderungen der eigene Arbeitsplatz im Homeoffice und im Unternehmen so eingerichtet werden kann, dass die eigene mentale Stärke gefördert wird. Das Teamgefühl ist etwas, dass ein immer wichtigerer Aspekt für die Mitarbeiterbindung und die Arbeitsplatzzufriedenheit wird. Vertrauen und Zusammenhalt sind nicht nur zum Lifestyle geworden, sondern auch ein Wirtschaftsfaktor. Das Vertrauen in uns selbst und unser Team ist die Basis für die Kraft, die wir jetzt während der Verunsicherungen durch Covid19, die Klimakrise und New Work gebrauchen – denn all das werden wir nicht nebenbei lösen. Wir brauchen neue Strategien, um nachhaltig leistungsfähig mit unseren Teams und Unternehmen souverän in die Zukunft zu gehen.

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