Female Career – Hindernisse und Chancen für weibliche Karrieren
Das Thema Frauen und Karriere ist nach wie vor hoch aktuell und wird kontrovers in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft diskutiert. So zeigen neueste Studien immer noch eine Diskrepanz zwischen dem beruflichen Erfolg von Frauen und Männern, insbesondere in Bezug auf objektive Kriterien. In jüngster Vergangenheit erschien dazu auch die Publikation der Bertelsmann Stiftung „Frauen gehen eigene Wege“.
Trotz gleicher Voraussetzungen und Position sind weniger Frauen in relevanten Managementpositionen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen für durchschnittlich weniger Gehalt. Die Ursachen dafür sind hinreichend bekannt und reichen von organisationalen und strukturellen Rahmenbedingungen, über gesellschaftliche Erwartungen bis hin zu individuellen Gründen. Darüber hinaus zeigen bisher eingeführte Programme wie z. B. die Frauenquote auch noch nicht den gewünschten Erfolg.
Eines sollte somit mittlerweile aber auch klar sein. Anstatt sich weiterhin auf die Barrieren und Hürden, die Frauen auf ihrem Karriereweg begegnen zu konzentrieren, sollten die Faktoren identifiziert werden, welche für das berufliche Fortkommen förderlich sind. Davon ausgehend befasste sich mein Promotionsprojekt mit der Fragestellung, was Frauen selbst aktiv machen können, um erfolgreich zu sein. Die Studie untersuchte insbesondere, inwieweit der Einsatz von politischem Geschick und Selbstwirksamkeit sowie die wahrgenommene Unterstützung durch das Unternehmen, Frauen auf ihrem Karriereweg unterstützen können.
Beschäftigt man sich mit dem Thema Karriere, so zeigt die einschlägige Literatur zwei wesentliche Aspekte auf:
- die Kultur, in der wir uns bewegen, hat einen wesentlichen Einfluss auf den beruflichen Erfolg und
- erfolgreiche Persönlichkeiten zeigen proaktive Verhaltensweisen und gehen strategisch in ihrer Karriereplanung vor.
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass der berufliche Erfolg im Kontext der jeweiligen Kultur eines Landes und der somit einhergehenden Sozialisierung betrachtet werden muss. So lernt jedes Individuum ein spezifisches Rollenverständnis, welches insbesondere in Bezug auf das Geschlecht durch die gesellschaftlichen Erwartungen zugeschrieben werden. Darunter fallen auch Überzeugungen und Annahmen, welche die Geschlechterrollen betreffen und inwiefern sich Mann oder Frau zu verhalten hat, um in unserer Gesellschaft akzeptiert zu werden. Die Sozialisierung steht in enger Verbindung zu Geschlechtsstereotypen, also die Eigenschaften, welche wir mit dem jeweiligen Geschlecht in Verbindung bringen.
So werden insbesondere Attribute wie z. B. Durchsetzungsvermögen, Tatkraft und Erfolg noch häufig mit Männern und gleichzeitig mit Managementpositionen assoziiert. Folglich können Diskriminierungen von Frauen am Arbeitsplatz durch eine Inkongruenz zwischen den zugeschriebenen Eigenschaften, welche die Frau in unserer Gesellschaft innehat und den wahrgenommenen Voraussetzungen für Managementpositionen, in Verbindung stehen. Betrachtet man unter diesen Aspekten nun auch noch die deutsche Arbeitswelt, so wird nach wie vor ein eher traditionelles Verständnis von Karriere sowie eine maskulin geprägte Business-Kultur widergespiegelt.
Auf die Mikro-Ebene runtergebrochen, reflektieren auch Unternehmen als soziale Konstrukte diese kulturellen Ansätze bzw. Muster und Rollen und können darüber hinaus als politische Arenen angesehen werden. Dabei wetteifern unterschiedliche Interessensgruppen und Individuen um die zur Verfügung stehenden Ressourcen, Macht aber auch Einfluss.
Des Weiteren hat man festgestellt, dass insbesondere Rekrutierungs- und Beförderungsprozesse im Unternehmen (mikro-)politisch beeinflusst sind. Forscher zeigen auf, dass diese politischen Prozesse einen fundamentalen Bezug zum Geschlecht haben. So ist Mikropolitik männlich konnotiert und Teil des informellen Systems, welches Außenseiter ausgrenzt, Insider zulässt und gleichzeitig stark assoziiert wird mit: Leistung, Erfolg und Macht. Und gerade das Gespür, welche Taktiken hier einzusetzen sind, um erfolgreich zu sein, scheint insbesondere im Kontext der zuvor genannten Geschlechterrollen besonders wichtig zu sein.
Darüber hinaus haben aber auch proaktive Verhaltensweisen und eine taktische Karriereplanung einen großen Einfluss auf den beruflichen Erfolg. So zeigen Studien, dass erfolgreiche Personen proaktiv in ihrer Karriereplanung vorgehen, Netzwerke bilden, aber gleichzeitig auch authentisch bleiben und unterschiedliche Strategien und Taktiken einsetzen, um erfolgreich zu sein. Insbesondere die Selbstwirksamkeit, also die eigene Überzeugung, Karriere machen zu können, scheint ein wichtiges Element zu sein, um aktiv die eigene Karriere voranzutreiben. Gleichzeitig wirkt aber auch die wahrgenommene Unterstützung des Unternehmens auf ein proaktives Vorgehen bzw. auf das Commitment und die Anstrengungen einer Person ein. So zeigen Studien, dass das Ausmaß der Wahrnehmung inwieweit das Unternehmen die Arbeit wertschätzt und unterstützt einen positiven Einfluss auf die eigene Leistung, aber auch Loyalität der jeweiligen Personen hat.
Daraus kann man schließen, dass in einem eher traditionellen Umfeld insbesondere Frauen strategisch vorgehen sollten, um ihre Karriere voranzutreiben. Allerdings zeigen die Forschungsergebnisse ebenfalls, dass es geschlechterspezifische Unterschiede in der Einstellung zur Politik im Unternehmen gibt. Frauen neigen dazu, die Relevanz der Mikropolitik zu ignorieren, was wiederum ihre Fähigkeit, relevante Stakeholder zu identifizieren, die wichtig für die Karriere sein können, schmälert.
Als ein Grund für die unterschiedlichen Perspektiven kann erneut die Sozialisation von Frauen und Männern genannt werden. Männer gehören oft zu einem „eingeweihten Kreis“, dessen Spielregeln von Anfang an klar vorgegeben werden. Frauen sind häufig nicht in dem Inner-Circle integriert und halten sich an Regeln und Vorgehensweisen, die Teil eines Wertesystems sind, welches besagt, dass man durch harte Arbeit und genügend Erfahrung weiterkommen wird. Anders gesprochen, Frauen werden häufig als eher ergebnisorientiert dargestellt, wohingegen Männer als prozessorientiert gelten.
In diesem Kontext haben Studien gezeigt, dass sich Frauen selbst eher als apolitisch beschreiben und politische Spielchen vermeiden. Tatsächlich stellte sich jedoch heraus, dass viele dieser Frauen politisch geschickt waren, obwohl sie ihr Verhalten nicht als politisch betrachten. Ebenso können auch Erfahrungen die im Laufe des Lebens gemacht wurden, eine positive oder auch negative Auswirkung auf die Selbstwirksamkeit einer Person haben. So wird der Glaube an uns selbst u. a. beeinflusst durch: Unterstützungsleistungen, Vorbilder, Rollenverständnis, Netzwerke und strukturelle Rahmenbedingungen. Wenn der berufliche Erfolg also durch ein spezielles Verhalten beeinflusst werden kann, sollten Frauen diese Fähigkeit entwickeln und nutzen, um strategische Netzwerke und Allianzen aufzubauen sowie die wichtigen Akteure in den Unternehmen für sich zu gewinnen, aber ebenso wichtig ist es an sich selbst zu glauben und proaktiv die eigene Karriere zu planen.
Aus den vorangegangenen Ergebnissen kann man also durchaus schließen, dass das politische Geschick, der Glaube an sich selbst sowie die wahrgenommene Unterstützung durch das Unternehmen für das berufliche Weiterkommen wichtig zu sein scheint. So wird insbesondere politisches Geschick benötigt, um Zugriff auf interne Informationen zu bekommen und das nötige soziale Kapital aufzubauen, um die gläserne Decke zu durchbrechen. Forscherinnen haben sogar festgestellt, dass Frauen auch auf „gläserne Wände“ stoßen, die ihren Aktionsradius nach oben und sogar organisationsübergreifend einschränken. Sie arbeiten häufig in weniger sichtbaren unterstützenden Funktionen mit keiner direkten Verantwortung für den Unternehmenserfolg und wenig Kontrolle über Mitarbeiter:innen, Ressourcen, Informationen und Technologien. Daraus resultiert häufig ein Defizit an Macht.
Auf Basis dieser Überlegungen wurden mittels eines standardisierten Fragebogens 523 Frauen aus unterschiedlichen Hierarchieebenen und Branchen in Deutschland hinsichtlich ihrem politischen Geschick, Selbstwirksamkeit sowie der wahrgenommenen Unterstützung durch das Unternehmen befragt, um herauszufinden, inwieweit diese Faktoren einen Einfluss auf ihre Karriere haben. Die Ergebnisse zeigen folgendes: Je mehr politisches Geschick eine Frau aufweist, desto positiver ist der Einfluss auf ihre Karriere. Frauen mit einem hohen Anteil an Selbstwirksamkeit verzeichnen ebenfalls häufiger einen beruflichen Erfolg im Gegensatz zu Frauen, die nicht bzw. in geringerem Maße daran glauben, Karriere machen zu können. Auch die Unterstützung des Unternehmens hat einen Einfluss auf die Karriere. So zeigen Frauen, die durch ihre Vorgesetzten gefördert werden, ein größeres Commitment und Engagement gegenüber ihrem Arbeitgeber, was wiederum einen positiven Einfluss auf den beruflichen Erfolg aufzeigt.
Was hat das nun insbesondere für uns Frauen zu bedeuten? Es bedeutet, dass wir aktiv Einfluss auf unsere Karriere nehmen sollten und von einem proaktiven Vorgehen, insbesondere dem Einsatz von politischem Geschick und einer strategischen Karriereplanung, profitieren können. Politik ist weder gut noch schlecht, sondern ein natürlicher Bestandteil des Arbeitsalltags in Unternehmen. Politisch geschickt zu sein, bedeutet nicht automatisch etwas Schlechtes, sondern ist alltäglich anzutreffen und kann im positiven Sinne ausgelebt werden. Gleichzeitig bedeutet ein politisches Vorgehen auch nicht, dass man einer anderen Person schadet, um daraus Vorteile zu ziehen. Es geht nicht darum, falsch und nicht authentisch zu sein, vielmehr geht es um die Fähigkeit, gewisse Verhaltensweisen und Eigenschaften aufrichtig einzusetzen, um effektiver zu sein.
Darüber hinaus hat auch die persönliche Einstellung und somit die Selbstwirksamkeit und der Glaube an uns selbst einen großen Einfluss auf den beruflichen Erfolg. So haben Studien gezeigt, dass die Selbstwirksamkeit auch im engen Zusammenhang mit der Leistung und Sichtbarkeit steht. Gleichzeitig hat auch die wahrgenommene Unterstützung durch das Unternehmen einen positiven Effekt auf den beruflichen Erfolg. Das heißt, wenn man durch proaktive Verhaltensweisen und somit dem Einsatz von politischem Geschick die Unterstützung durch das Unternehmen bzw. des Vorgesetzten beeinflussen kann, kann das wiederum einen Impuls bezogen auf die eigene Leistung und das Commitment geben und somit auch förderlich für die eigene Karriere sein.
Um das ganze abzuschließen: Wir wissen mittlerweile ausreichend Bescheid über Barrieren und Hindernisse, die Frauen auf ihrem Karriereweg begegnen können. Allerdings zeigen aktuelle Studien auch, dass es unter den gegebenen Bedingungen noch bis zu einem Jahrhundert andauern kann, bis der Anteil von Frauen in Managementpositionen bei einem paritätischen Ergebnis angekommen ist. Somit schließe ich gerne mit einem Zitat von Nina DiSesa:
“If men don’t feel comfortable with us, they will not allow us to play with them. We can’t change their behavior, but we can change ours” (N. DiSesa, 2008, p. 98).
Quelle:
DiSesa, N. (2008). Seducing the boys club: Unsensored tactics from a woman at the top. New York: Ballantine.
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