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Deutsche Firmen zwischen Iran und Saudi-Arabien – Zwei Regionalmächte mit großem Potential sind sich spinnefeind

Der Arabisch-Persische Golf wird dominiert von den beiden Regionalmächten Iran und Saudi-Arabien. Die Golfregion ist reich an Öl, Gas, Kultur, Geschichte, Religion, Geld, jungen Menschen und Waffen. Doch die beiden Regime verstehen und gerieren sich als Kontrahenten. Politisch, ideologisch und religiös weit auseinander sind Iran und Saudi-Arabien doch geographisch unverrückbare Nachbarn. Beide Länder haben einen hohen Import- und Investitionsbedarf. Ein vielversprechendes wie schwieriges Terrain für deutsche Unternehmer. Geschäftsleute können wichtige Brücken der Verständigung bauen und einen Teil dazu beitragen, dass ein neuer Krieg am Golf verhindert wird.

 

Der Arabisch-Persische Golf ist seit einigen Wochen wieder in den Schlagzeilen.

Auf der ersten Station seiner ersten Auslandsreise besuchte der neue amerikanische Präsident Donald Trump Ende Mai Saudi-Arabien, verkaufte Riad Waffen über 100 Milliarden Euro und nannte das internationale Atom-Abkommen mit dem Iran bereits im Wahlkampf „den schlechtesten Vertrag aller Zeiten“. Das saudische Königshaus dankt es ihm mit dem Einkauf amerikanischer Produkte und Investitionen in die amerikanische Ökonomie im Wert von über 200 Milliarden Euro.

Zur gleichen Zeit gewann im Iran im ersten Wahlgang Präsident Rohani den Wiedereinzug in den Präsidentenpalast mit dem Versprechen, Jobs zu schaffen, die Wirtschaft zu dynamisieren und das Land nach außen zu öffnen. Wenig später aber erklärte Irans oberster Religionsführer Ajatollah Chamenei die Saudis für „Idioten und Milchkühe der Amerikaner“. Seine Revolutionsgarden provozieren Saudi-Arabien parallel durch Unterstützung der saudischen Kriegsgegner im Jemen.

Zu der feindseligen Rhetorik und den Provokationen liefern sich Iran und Saudi-Arabien im Nahen Osten wie der Golfregion einen politischen und religiösen Stellvertreterkrieg. Dieser manifestiert sich besonders in Syrien und im Jemen. Mit den Terror-Anschläge in Teheran und der Blockade des Emirates Katar nehmen die Spannungen dieser Tage weiter zu.

Das bilaterale Sanktionsregime, dass die USA noch unterhalten, erschwert das Geschäft

Aus westlicher Sicht ist Saudi-Arabien ein akzeptierter und wichtiger politischer wie ökonomischer Partner; mit dem Iran werden nach dem Atomabkommen zwar politische Gespräche geführt und wirtschaftliche Kontakte geknüpft, aber das bilaterale Sanktionsregime, dass die USA noch unterhalten, erschwert das Geschäft. So rangiert Iran bei deutschen Importen auf Rang Fünf – bei Exporten unter ferner Liefen – während Saudi-Arabien bei deutschen Importen auf Rang Drei und bei Exporten unter ferner Liefen rangiert. Russland dagegen kooperiert eng mit Iran in Syrien und intensiviert den Handel mit Teheran. China hält sich weitgehend politisch raus und arbeitet eng wirtschaftlich mit Iran und Saudi-Arabien bilateral zusammen, der asiatische Riese schielt besonders auf die Öl und Gasexporte aus beiden Ländern. Iran importiert am meisten aus China, den Emiraten, Korea, Indien und der Türkei. Saudi-Arabien führt am meisten ein aus China, den USA, Deutschland, Japan und Korea.

Saudi-Iran

Die aktuelle Tabelle veranschaulicht die großen ökonomischen Potentiale aber auch die immensen sozialen und ökonomischen Herausforderungen – Iran und Saudi-Arabien sind beide innenpolitisch im Umbruch.

 

IRAN im Umbruch

Die Wünsche der jetzt noch jungen Bevölkerung nach Lebenschancen drängen das Regime zu Veränderungen. Um politischen und sozialen Frieden zu erhalten, soll der Staat höhere Einnahmen erzielen, mehr ausländische Firmen und Investitionen ins Land holen und mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze anbieten können. Zwar trauen sich viele junge Menschen in den Städten mehr zu, eröffnen Geschäfte, Galerien oder Start-ups, doch die Modernisierung der Wirtschaft und Reformen sind schwierig. Die Wirtschaft und Infrastruktur sind noch gezeichnet von den Jahrzehnten der Konfrontation, der internationalen Isolation und der Sanktionen. Viele Unternehmen gehören den Revolutionsgarden und den Volksmilizen, sie sind steuerbefreit und wehren sich gegen eine Öffnung der iranischen Wirtschaft nach außen. Iran ist immer noch nicht der Welthandelsorganisation WTO beigetreten.

Auch wenn deutsche Firmen im Iran willkommen sind, haben sie es nicht leicht lokale Partnerfimen zu finden. Zwar können deutsche Firmen auf Hermes Kreditbürgschaften zurückgreifen und der iranische Staat hat wieder Zugriff auf einige Auslandskonten (wohl 100 Milliarden Euro), doch der Gegensatz zwischen hohem Nachfragebedarf und begrenzten Umsetzungsmöglichkeiten ist noch groß. Grund: noch bestehende bilaterale US-Sanktionen erschweren internationale Finanztransaktionen.

Ein typisches Beispiel: der Teheraner Flughafen braucht dringend ein modernes Terminal, ein französischer Mischkonzern will ihn bauen, er findet aber keine internationale Bank zur Projektfinanzierung und gibt den Auftrag zurück.

Eine nachhaltige Entwicklung entsteht nur durch mehr Wettbewerb, Steuergerechtigkeit, Rechtssicherheit, Investitionsschutz und weniger Korruption

Nach dem Sieg bei den Präsidentschafts- und Kommunalwahlen haben die kompromissbereiten Kräfte Oberwasser, und das Regime bleibt erstmal bis 2021 stabil. Zumindest relativ, aufgrund einer wichtigen Unbekannten: Wer folgt auf den bereits 77-jährigen Religions- und Revolutionsführer Ali Chamenei , die zentrale Macht-Figur im politischen System der Islamischen Republik?

Präsident Rohani wurde aus dem vorherrschenden Wunsch nach Zukunft und Modernisierung gewählt. Er muss jetzt liefern, sein Fünfjahreswirtschaftsplan soll durchstarten. Doch eine nachhaltige Entwicklung entsteht nur durch mehr Wettbewerb, Steuergerechtigkeit, Rechtssicherheit, Investitionsschutz und weniger Korruption. Wenn die Hardliner im System im Transformationsprozess Vorteile sehen, ziehen sie mit, ansonsten werden sie weiter blockieren.

 

SAUDI-ARABIEN im Umbruch

Der Wirtschaftsplan „Vision 2030″von König Salman (78 Jahre) und seinem Sohn Mohammed bin Salman (Vize-Kronprinz, 31 Jahre) ist die Modernisierungsformel auf der anderen Seite des Arabisch-Persischen Golfs in Saudi-Arabien. Angesichts der Endlichkeit der Erdölreserven und des fallenden Ölpreises will das Königshaus seine noch satten Finanzreserven (fünf Jahre noch liquide, wenn der Rohölpreis niedrig bleibt) nutzen, um die Wirtschaft vom Öl unabhängig zu diversifizieren und zu modernisieren. Der Plan reicht vom Abbau von Subventionen, der Einführung von Mehrwertsteuer, der Teilprivatisierung von Staatsfirmen, dem Aufbau von Fabriken, der Förderung des inländischen Tourismus bis hin zum Bau neuer Städte.

Zu diesem Umbruch drängt auch der gesellschaftliche Wandel: hohes Bevölkerungswachstum mit steigender Jugendarbeitslosigkeit, diverse junge Männer radikalisieren sich aufgrund von Langeweile, viele Frauen drängen auf den Arbeitsmarkt, engagieren sich in der Privatwirtschaft und wünschen öffentliche Mitwirkung, Familien fordern ein effektives Bildungs- und Gesundheitssystem.

Gerade junge Menschen hoffen auf den Modernisierungskurs 2030. Doch das Reformprogramm darf nicht missverstanden werden, es geht dem Königshaus um ökonomische Öffnung und keinesfalls um eine Pluralisierung des politischen Systems. Außerdem müssen die königlichen Reformer auch mit Vetoplayern umgehen wie der Öl-Lobby, dem wahhabitischen Klerus und einer 10.000-köpfigen Prinzenschaft, die auf ihr staatliches Grundeinkommen nicht verzichten will.

Deutsche Unternehmen sind in Saudi-Arabien herzlich willkommen. Die Nachfrage nach deutschen Waren steigt. Für deutsche Qualitätsprodukte wird auch gerne angemessen bezahlt. Die saudischen Auftraggeber drängen Deutschland auch nicht mehr, Waffen nach Saudi-Arabien zu verkaufen. Die bezieht Riad jetzt mehr von woanders und plant, eine eigene Waffenproduktion, die sogar exportieren soll. Erzrivale Iran hat ein eigenes (nun international überwachtes) Atomprogramm entwickelt und ein Raketensystem gebaut.

 

Die Rüstungsspirale am Golf dreht sich gefährlich weiter.

Iran und Saudi-Arabien unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Es gibt keine wirtschaftliche Zusammenarbeit, obwohl beide Rivalen vor ähnlichen sozialen und ökonomischen Herausforderungen stehen. Paranoia bestimmt die Kommunikation übereinander.

Wandel durch Handel und Deeskalation durch Dialog sind jetzt dringend gefragt, um die Hitzköpfe zu beruhigen und die gemäßigten Kräfte zu stärken. Jeder, der in Riad und Teheran ein und ausgeht, kann einen positiven Beitrag leisten. Seien es Omanis, Chinesen, Inder oder Deutsche, auch Unternehmer können bei ihren Gesprächen von den Besuchen auf der jeweils anderen Seite berichten und so Vorurteile abbauen helfen. Sie können erklären, dass Zusammenarbeit in Handel und Industrie das Potential für mehr Arbeit und Wohlstand erzeugen kann, das Iran und Saudi-Arabien angesichts steigender Jugendarbeitslosigkeit und stagnierender Ölexporterlöse dringend brauchen.

Unternehmer können auch ihren Heimatregierungen empfehlen, sich als Vermittler zwischen Iran und Saudi-Arabien einzusetzen mit dem Ziel, dass die Arabisch-Persische Golfregion von    einem Pulverfass zu einem System für Sicherheit und Zusammenarbeit wird.

 



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