„Wer nur beschallt, bekommt höchstens ein Echo“ – Veranstaltungen quer gedacht

QUER GEFRAGT – 11 Fragen an die Camp Q-Moderatorin Miriam Janke

Mittendrin statt nur dabei: Augen auf und leben, Augen zu und tanzen – das ist das Motto von Miriam Janke, Moderatorin, Veranstaltungsdesignerin und Moderationstrainerin. Und mittendrin wird sie als Moderatorin auch beim diesjährigen Camp Q – Der Leadership Konferenz für Querdenker sein, unter dem Titel „New Work! New Values? New Leaders?“ am 4. Mai 2018 in Berlin. Wir von Creating Corporate Cultures haben Sie gefragt, wie es um Ihre Camping-Erfahrung steht, warum Camp Q eine nicht ganz so typische Konferenz ist und wie sie als Selbstständige den Megatrend New Work erlebt.

Frau Janke, auf Ihrer Webseite schreiben Sie „Damit der Kongress tanzt“ – was bringen Sie mit, damit das Camp Q keine 08/15 Veranstaltung, sondern lebendig wird und „tanzt“?

Die Haltung macht’s – wer nur beschallt, bekommt höchstens ein Echo, aber keine Resonanz. Sprich: offen sein, einbeziehen, fragen. Raum lassen. Nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz, den Körper, den Bauch ansprechen. Menschen lieben.

Wenn Ihnen diese Antwort zu esoterisch ist: Die Erfahrung der Veranstaltungsdesignerin, die z. B. aus dem Fundus von Journalismus und Coaching schöpft, um Beteiligung, Rhythmus und Begegnung zu schaffen.

Im Vergleich zu anderen Veranstaltungen: Was ist am Camp Q anders, was zeichnet es aus?

Mein wilder Wunsch ist, dass Camp Q sich in Zukunft wenig von anderen Fachveranstaltungen unterscheidet – weil sie alle einen roten Faden haben, interaktiv, durchdacht, selbstbestimmt und abwechslungsreich sind! Dafür braucht es Vorbilder und Macher-Veranstaltungen, die das leben und auf diese Art in die Welt holen.

Camp Q bietet mit den Speakern und Vorträgen Denkanstöße an, die im Parcours an frei wählbaren Stationen vertieft werden können. Dort ist Raum für die eigenen Fragen und Zweifel, für Netzwerken und Austausch – und zwar nicht nur über das Format „reden“, sondern auch über das Erleben. Zum Beispiel in Form einer Gameshow oder indem man – Design Thinking lässt grüßen – denken und machen verbindet und mit den Händen arbeitet. Das Impro-Theater fügt als Abschluss spielend zusammen, was tagsüber begeisterte, störte, beschäftigte.

Camp Q bietet einen Fundus an, aus dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich bedienen können, um ihren Tag und ihre Erfahrung zu gestalten – ein Haus der Begegnung bauen, den Kopf frei pusten oder lieber Werkzeuge entdecken, die Führungsrolle anders zu leben? Ist alles möglich.

So viel zum Konzept. Live hängt es von den Menschen ab was entsteht, der Stimmung, dem Zauber des Moments. Darauf bin ich sehr gespannt!

Kurz und knackig: Schenken Sie uns eine Lebensweisheit.

Da halte ich es mit meiner Mutter und meinem Opa: Blöd darfst du sein – du musst dir nur zu helfen wissen.

Der Titel des diesjährigen Camp Q lautet „New Work! New Values? New Leaders?“ – wie nehmen Sie als Selbstständige den Wandel in der Arbeitswelt wahr? Welche Auswirkungen bekommen Sie direkt zu spüren?

Mein Job bringt mich in viele verschiedene Arbeitskontexte, Organisationskulturen und Themen. Was mir auffällt ist die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: Hier traditionelle, hierarchische Strukturen z. B. in der Verwaltung, dort agiles, internationales Arbeiten z. B. in Start-Up-Kontexten. Alles ist da, gleichzeitig, die Raupe und der Schmetterling. Wir profitieren davon, weil wir vorwärts und seitwärts schauen können – manchmal auch rückwärts.

Da ich nie festangestellt war, kann ich keine Verfalls- oder Beschleunigungsgeschichte erzählen – die neue Arbeitswelt war für mich immer schon da. Zum Beispiel, weil ich in Netzwerken und verschiedenen Teams denke und arbeite, die je nach Auftrag wechseln. Das bedeutet unterschiedliche Disziplinen und Sichtweisen unter einem Dach, Abwechslung, Anpassung, Reibung, Flexibilität, Co-Kreation.

Und New Work kann – ganz banal – auch heißen dort zu arbeiten, wo ich gerade bin – auf der Straße, im Zug, im Café, beim Fußballtraining meines Sohnes, im Büro, auf dem Rad.

Stichwort New Values: Auf welchen Werten beruhen Ihre täglichen Handlungen, Entscheidungen, Pläne? Und haben sich diese im Laufe Ihrer Karriere verändert?

Lebendigkeit, Menschlichkeit, Selbständigkeit und Authentizität.

Mir ist im Laufe der Jahre weniger wichtig geworden, ob Menschen mich mögen – wahrhaftig sein heißt auch anecken. Die Folge ist, den Richtigen die Chance zu geben, sich zu finden und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen.

Wenn wir Ihre Freunde fragen würden, wie „quer“ Sie denken – was würden diese auf einer Skala von eins bis zehn antworten? Und warum?

Zwischen 3 und 9, denn das Querdenken steckt im Kopf des Betrachters. Wer 3 sagt, sieht die Miriam, die brav Abitur, Praktika, Studium und Kind hingelegt hat. Life as usual, das machen viele so. Wer 9 sagt, sieht die Frau, die interdisziplinär denkt, ständig lernt, chronisch neugierig ist, täglich Ideen produziert, Fragen liebt. Die aus drei Ausbildungen (Kulturwissenschaften – Journalismus – Coaching) etwas Neues geschaffen hat: Veranstaltungsdesignerin ist kein Ausbildungsberuf, Bühnenmoderatorin auch nicht. Querdenken kann auch heißen: Erfinden, was man sich wünscht.

Sie sagen: „Querdenken bedeutet für mich, anders denken – und dann auch anders handeln als traulich eingewohnt.“ Welche traulichen Gewohnheiten würden Sie sich aus Veranstaltungen wegwünschen?

Alles, was Routine ist statt bewusst gesetzt, was aus Nicht-Denken oder Bequemlichkeit entsteht: Grußworte und Momente ohne Haltung und Botschaft, Vorträge und Sequenzen ohne Mehrwert und Interaktion. Und Floskeln wie „Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit“. Also das, was Begegnung und Lebendigkeit im Weg steht.

Kurz und knackig: Stöckelschuhe oder Sneakers auf Veranstaltungen?

Diese Entscheidung habe ich einmal dem Publikum überlassen, ein Unternehmen, in das ich neu kam. Ich ging in Strümpfen auf die Bühne, begrüßte die 300 Leute und fragte dann: „Was passt besser zu Ihnen als Unternehmen, High Heels oder Turnschuhe? Sie entscheiden, was ich heute trage“. Die Abstimmung war, zum Bedauern einiger Herren, eindeutig: die Turnschuhe. Ob Kleidung, ob Veranstaltungsdesign, ob Methoden und Formate – was passt, hängt stark von der Unternehmenskultur und dem Publikum ab. Wichtig ist, dass es stimmig ist. Übrigens kann auch eine Irritation stimmig sein – einmal habe ich barfuß moderiert. Auf die Geschichte dürfen Sie mich gerne live ansprechen J

Frau Janke, Sie moderieren das Camp Q. Waren Sie in Ihrer Kindheit campen und wenn ja, was ist Ihre schönste Erinnerung daran?

Mit dem Wohnwagen in Südfrankreich und Spanien, da war ich in der Grundschule. Ich habe das Wuselige des Campingplatzes gemocht, wie ein kollektiver Rhythmus entsteht, wenn alle aufstehen, kochen oder abends im Kerzenschein vor den Zelten und Wohnmobilen sitzen. Ich erinnere mich, wie ich zum Geschirrwaschen über den staubigen Platz zu den Waschbecken ging und es ein Flanieren wurde durch eine Menschenausstellung: Dieses Schlendern und Schauen, was die Anderen tun, was sie essen, wie sie leben – wer sie sind.

Wollten Sie eigentlich mal etwas ganz Anderes werden, als das was Sie jetzt sind und warum ist es dazu nicht gekommen?

Ich werde ständig etwas ganz Anderes, das ist ja das Spannende: Als Kulturwissenschaftlerin dachte ich, ich mache irgendwas mit interkultureller Kommunikation. Dann wurde ich Journalistin und dachte, ich schreibe Reportagen und werde Korrespondentin in Südamerika. Als ich auf die Bühne ging, dachte ich, dass ich Moderatorin bin. Dann wurde ich Coach und Veranstaltungsdesignerin und bei einigen Aufträgen bin ich Organisationsentwicklerin. Ich habe Sehnsucht, mehr zu schreiben und gehe in Richtung Autorin. Merken Sie was? Noch mehr Etiketten braucht kein Mensch.

Kurz und knackig: Welches politische Projekt würden Sie beschleunigt wissen wollen?

Unser Verständnis von Einwanderung, Zugehörigkeit und Selbständigkeit – warum dürfen einige Menschen hier lange Zeit nicht bleiben, nicht arbeiten und sind abhängig von staatlichen Leistungen statt sich und ihre Familie selbst zu ernähren? Ich wünsche mir eine ehrliche gesellschaftliche, politische und juristische Klärung, wer dazu gehören darf und was dafür zu tun ist.

Und da ich gerade meine Buchhaltung mache mit 1000 Zetteln und Kleinigkeiten, die mich vom Wesentlichen abhalten: Steuerreform!



Kommentare

  1. / von Florence Guesnet

    Das macht grosse Lust und weckt unendlich viel Neugierde auf einen tollen Tag in Berlin!

    1. / von Melanie Mrozek
      zu

      Vielen Dank für das tolle Feedback! Wir freuen uns über Ihr Interesse und darauf, Sie bald in Berlin zu sehen!

Kommentar verfassen