Gute Beispiele guter Führung
New Work! New Companies? Zu selten geht es in der aktuellen „New Work-“ und „Digital Leadership“- Debatte noch um ethische Fragen wie zum Beispiel den Dienst eines Unternehmens für die Gesellschaft! Dass sich finanzieller und gesellschaftlicher Mehrwert auf wunderbare Weise befruchten können, erläutert Jakob Kunzlmann im folgenden Blogbeitrag. Live diskutieren lassen sich Themen wie dieses auch an der ZukunftsStation, im EthikRat oder der DesignStation des Camp Q am 4. Mai in Berlin.
Editorial von Anja Schlenk,
Project Manager, Kompetenzzentrum „Führung und Unternehmenskultur“
„Gesellschaftliche Kooperation, als friedvolle, solidarische Zusammenarbeit, die letztlich dem Wohl aller Menschen dient, ist auf Beiträge von allen angewiesen. Es ist eine der vordringlichsten Aufgaben von guter Führung, solche Beiträge zu motivieren, zu unterstützen oder auch einzufordern.“[1]
Aus rationaler Sicht macht es Sinn so zu führen, in der Realität klafft jedoch oftmals eine Lücke zwischen dem Anspruch guter Führung, also einen Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen und einem an kurzfristigen Interessen angelehnten Handeln.
Dieses Handeln kann durch monetäre Zwänge bestimmt sein oder es können andere egoistische Gründe vorliegen, die verhindern, dass gezielt dazu angeregt wird, Gutes zu schaffen. Das gesellschaftliche Anreizsystem in dem wir gerade leben, ist ebenfalls nicht unbedingt darauf ausgelegt, zu „gesellschaftlich wertvollen“ Beiträgen von Führung anzuspornen.
Werden Unternehmen dennoch so geführt, dass sie einerseits natürlich profitabel wirtschaften – das Fundament jeglichen unternehmerischen Handelns – aber andererseits darauf aufbauend auch Ressourcen einsetzen, um ihrer Rolle als gesellschaftlicher Akteur über die gesetzlichen Mindestanforderungen gerecht zu werden, so spricht man von verantwortungsvoller Unternehmensführung bzw. Führung im Sinne von Corporate Citizenship.
Vieles spricht mittlerweile dafür, sich als Unternehmen so aufzustellen, dass neben einem finanziellen auch ein gesellschaftlicher Mehrwert entsteht. Denn gerade in einer Gesellschaft die über Fachkräftemangel klagt, ist es umso wichtiger als Unternehmen Angebote für Mitarbeiter zu schaffen, die überzeugen.
Zivilgesellschaftliche Gruppen machen sich zum Anwalt der Natur und spielen ihre Versammlungs- und Meinungsmacht gegen Unternehmen aus, die sich nicht an informelle und formelle gesellschaftliche Normen im Umwelt- und Naturschutz-Bereich halten.
Und in einer globalisierten Welt spielt ein Ereignis ausgelöst durch unverantwortliches unternehmerisches Handeln am anderen Ende der Welt, eine nahezu ebenso große Rolle, als wäre es in der Berliner Innenstadt geschehen.
Die Bevölkerung erwartet also von Unternehmen, sich über das gesetzliche Mindestmaß gesellschaftlich zu engagieren. Gestützt wird diese Aussage von der bislang größten Studie zu Corporate Citizenship in Deutschland, 72% der befragten Unternehmen fühlen diesen Druck und gehen davon aus, dass diese Erwartung an sie gerichtet ist.
Und wer fühlt sich im Normalfall dafür verantwortlich, wenn sich Unternehmen gesellschaftlich engagieren, also von ihrem gewohnten monetär-getriebenen Pfad weggehen und Ressourcen aufwenden, die keinen direkten und durch KPIs nachvollziehbaren Return-on-Invest bieten? Es sind die Führungskräfte und in dieser Gruppe diejenigen an der Spitze der Unternehmen.
Dies wird nicht nur theoretisch an der Universität gelehrt, da die Erfahrung zeigt, je höher die CSR-Abteilung im Unternehmen aufgehängt ist, also je näher sie direkt an Vorstand oder Geschäftsleitung ist, desto effektiver und innovativer kann gearbeitet werden. Es ist ebenfalls empirisch untersucht, denn in 81% der Fälle von Engagement wurde dies von der Geschäftsleitung initiiert.[2]
Überlegt man kurz und vergegenwärtigt sich die Strukturen innerhalb eines Unternehmens, gibt es in der vorherrschenden, vorrangig hierarchisch organisierten Unternehmenswelt auch keine andere Möglichkeit um wirklich kreativ etwas zu bewegen und gleichzeitig unternehmensinternen Normen gerecht zu werden – es braucht die Unterstützung und das volle Commitment der Führungspersönlichkeiten.
Blaupausen dieser guten Führung sammelt die Bertelsmann Stiftung seit nunmehr sieben Jahren im Wettbewerb „Mein gutes Beispiel“. Der Preis geht jedes Jahr an Unternehmen, die sich unbürokratisch und innovativ gesellschaftlichen Herausforderungen widmen – die einen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft leisten, der über Steuern zahlen und Arbeitsplätze schaffen hinausgeht. Die Spannbreite des Engagements ist groß.
Themen können die soziale Ungleichheit, Integration von Geflüchteten, Inklusion, Bildung und Ausbildung, regionale Entwicklung oder auch der Schutz von Insekten sein. Zu allen Themen gibt es tausend Wege, sich zu engagieren.
Im Jahr 2017 konnten wir bspw. einen Insektizidhersteller auszeichnen, der seine Zukunft im Schutz von Insekten sieht. Wenn Geschäftsmodellinnovation frei nach Schumpeter als „schöpferische Zerstörung“ gesehen wird, dann ist die Initiative Insect Respect ein wundervolles Beispiel, wie mit Altem gebrochen, und neue gesellschaftliche Herausforderungen zu einem Geschäftsmodell weiterentwickelt werden können.
Ein Möbelhersteller von der schwäbischen Alp ist einer der Preisträger 2018. Das Unternehmen engagiert sich breit in der Region, von der Fortbildung von Mitarbeitern, Maßnahmen zu Inklusion und Integration bis hin zum Anlegen von Wanderwegen – das Unternehmen identifiziert sich mit den Mitarbeitern und der Region, eruiert Problemlagen und bietet gezielt Unterstützung.
Man könnte nun seitenweise darüber schreiben, warum es von vielen Faktoren abhängt, welches Engagement zu welchem Unternehmen in welcher Region passt und welche positiven Rückwirkungen etwa Corporate Volunteering[3] auf die Unternehmenskultur haben kann, zusammengefasst ist es die Interdependenz von Unternehmen und Gesellschaft.
Ein wichtiger Faktor ist in jedem Fall die Unterstützung des Geschäftsführers, der kollektiv das Unternehmen, wie in diesem Beispiel, in die Verantwortung für die Entwicklung der Region nimmt.
Kurz gesagt, es gibt neben den zu Beginn angesprochenen ethischen Aspekten hinreichend Gründe, sich als Unternehmen zu engagieren. Und es gibt hinreichend gute Beispiele die zum Nachahmen anregen, um der Notwendigkeit gerecht zu werden, einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen zu leisten.
Verantwortlich dafür sind zu einem großen Teil die jeweiligen Führungskräfte – werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht!
[1] Suchanek, Andreas 2017: Ein ethischer Kompass für gute Führung. Wittenberg Zentrum für Globale Ethik (unveröffentlicht).
[2] Vgl. Bertelsmann Stiftung 2018: Corporate Citizenship Survey (in Vorbereitung).
[3] Corporate Volunteering meint die Freistellung von Mitarbeitern für Engagement.
Kommentar verfassen