Vorhang auf beim Camp Q! – 9 Fragen an Regisseur Matthias Messmer
Herr Messmer, Sie sind der Mann, der beim Camp Q vor allem auf die Details achtet. Ohne zu viel vorweg zu nehmen, auf welche Details dürfen sich die Teilnehmer besonders freuen?
Als Veranstaltung geht das Camp Q grundsätzlich andere Wege und will den Teilnehmern unterschiedliche Räume für ihre eigenen Erfahrungen und Fragen eröffnen. Das wird sich auch in vielen Details niederschlagen, die die Teilnehmer unter Umständen gar nicht bewusst wahrnehmen werden. So wird sich zum Beispiel der Camp-Charakter in der Bühnen-Deko, in der Beleuchtung und im Outfit der Moderatorin widerspiegeln. Auch akustisch haben wir ein gewisses „Augenzwinkern“ geplant: wer beim Betreten des Saals allerdings schon ins Gespräch mit anderen Teilnehmern vertieft ist, könnte dies vielleicht überhören…
Auch die einzelnen Stationen des Parcours halten eine Menge spielerischer Details für die Teilnehmer bereit. Einige Stationen haben zum Beispiel eine ganz spezifische „Temperatur“: während es an der einen Station um Schnelligkeit und spontanes Entscheiden geht, arbeitet eine andere Station z.B. mit Entschleunigung. Die Teilnehmer können hier mit höherer Achtsamkeit und Muße agieren.
Im Vorfeld war zu lesen, dass Teilnehmer in einer GameShow spielerisch im Wettbewerb gegeneinander antreten. Sind Themen wie New Work und Digital Leadership nicht ernst zu nehmende Themen, die eine spielerische Komponente ausschließen sollten?
Auswirkungen wie z.B. der Verlust des Arbeitsplatzes ist ein Thema, das wir durchaus sehr ernst nehmen. Trotzdem haben wir ein Format vorbereitet, dass den Teilnehmern die Möglichkeit gibt, im Dialog miteinander die unterschiedlichsten Betrachtungsweisen durchzuspielen – ganz ernsthaft und ehrlich.
Bei der GameShow geht es dann vielmehr um Digitalisierung und die Frage: was wissen wir eigentlich darüber? Um dieses Thema gibt es ja seit einiger Zeit einen richtigen Hype, den wollen wir mit der GameShow ein bisschen ad absurdum führen. Trotzdem können die Teilnehmer auch hier noch etwas dazu lernen – aber eben mit spielerischem Spaß! Gespielt wird in Teams, da können die Teilnehmer auch voneinander etwas lernen und nicht zuletzt sich gegenseitig besser kennen lernen.
Das Camp Q setzt sehr auf Interaktion. Die Zielgruppe sind Führungskräfte und an dem Thema „New Work“ interessierte Menschen, die einen engen Zeitplan und meistens lange Arbeitstage haben. Wollen sich diese Menschen auf Konferenzen nicht eher zurücklehnen?
Da lasse ich doch einen anderen erst einmal zu Wort kommen:
„Erzähl mir etwas und ich vergesse es. Zeig mir etwas und ich erinnere mich. Lass es mich tun und ich verstehe.“
Dieses Zitat von Konfuzius bringt sehr anschaulich auf den Punkt, warum ich persönlich bei Veranstaltungen gerne weg möchte, vom Frontalunterricht, den wir aus der Schule kennen.
Und ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Führungskräfte etwas anders ticken als der klassische Mitarbeiter, der sich in einer Veranstaltung vielleicht gerne zurücklehnen möchte. Sie wollen auf jeden Fall etwas dazu lernen und ihren Horizont erweitern. Und eine gute Keynote eines interessanten Speakers wissen sie sehr wohl zu schätzen. Aber den ganzen Tag nur „berieselt“ zu werden, wird ihrem Erfahrungshorizont nicht gerecht. Gerade bei Führungskräftetagungen erlebe ich, dass unter den Teilnehmern eine große Bereitschaft da ist, ihr eigenes Wissen und ihre Erfahrungen einzubringen und mit anderen zu teilen. In der Interaktion können sie in einer ganz anderen Form etwas entwickeln, lernen und erleben. Da sind die Leute wach und voll bei der Sache.
Und wie Sie schon sagen, rechnen wir beim Camp Q mit interessierten Menschen, die auch neugierig sind auf andere Führungskräfte und Entscheider. Die sind nicht nur in vergleichbaren Positionen, sondern schlagen sich auch mit ähnlichen Situationen herum und können etwas von sich erzählen, Anregungen und Tipps geben.
Sicherlich ist Netzwerken auch ein Aspekt. Aber wenn ich mit jemandem in einem interaktiven Format an einem konkreten Problemen arbeite und spielerisch Lösung entwickle, lernen wir uns sehr viel besser kennen, als wenn wir in einer Kaffeepause nur kurz Miteinander reden und unsere Visitenkarten austauschen und dann zum nächsten Vortrag eilen. Auch darum geben wir der Interaktion soviel Raum.
Herr Messmer, auf Ihrer Website liest man: „mit unseren Inszenierungen schaffen wir eine emotionale Form für das Anliegen einer Veranstaltung…“ Warum ist die Emotionalität bei Veranstaltungen so wichtig?
Weil wir nur mit Emotionalität etwas bewegen können. Es sind nicht die Zahlen, Daten, Fakten, die hängen bleiben. Menschen sprechen noch Jahre später von einer bewegenden Rede oder einer bewegenden Veranstaltung, die tatsächlich etwas mit ihnen gemacht hat, in ihrem Unternehmen etwas bewegt hat. Wenn sich Menschen nach Jahren noch daran erinnern können, dann nur, weil es sie emotional erreicht hat.
Im Theater nennt man so etwas den kathartischen Moment. Das ist der Moment, bei dem zum Beispiel absolute Stille im Publikum eintritt. Sie könnten eine Stecknadel fallen hören. Da ist dann auch in den Köpfen und Herzen der Zuschauer der Groschen gefallen, weil etwas emotional erlebt und begriffen wurde.
Darum arbeite ich bei Veranstaltungen so gerne mit theatralen Mitteln, um solche Momente auch bei einer Konferenz herauf zu beschwören. Das heißt nicht, dass es auf der Bühne wie in einer Tragödie zugeht – im Gegenteil. Wenn Ihnen Schauspieler eine zugespitzte Version Ihres Arbeitsalltags vorführen und Sie plötzlich über Dinge lachen können, die Sie im wirklichen Leben zur Verzweiflung bringen, dann hat das auch eine kathartische Wirkung. Weil Sie sich emotional verstanden fühlen. Das kann Sie dazu bewegen, sich in der Realität dann anders zu verhalten, etwas in ihrem Umfeld zu bewegen und zu verändern.
Welche sonstigen Ziele verfolgen Sie bei der Konzeption von Veranstaltungsformaten?
Das wichtigste Ziel ist für mich als Regisseur, das Anliegen einer Veranstaltung erlebbar zu machen. Darum waren das auch meine ersten Fragen, am Beginn unserer Zusammenarbeit: Was soll bei den Teilnehmern ankommen, was soll mit ihnen während der Veranstaltung geschehen und was sollen Sie am Ende mitnehmen? Das ist oft garnicht so leicht zu beschreiben, denn auch hier gibt es neben rationalen Zielen auch emotionale Erwartungen bei den Veranstaltern. Diese Erwartungen zu deuten und ihnen dann in der Umsetzung gerecht zu werden ist mein erklärtes Ziel. Für diese mitunter vage Vorstellung von der Veranstaltung überlegen wir uns dann Formate und bringen sie in eine Dramaturgie.
Das lässt sich an Camp Q sehr gut beschreiben: hier ist ein wesentliches Anliegen, dass die Teilnehmer selbst aktiv werden können, sich untereinander austauschen und auch auswählen können, welche Themen sie gerne auf welche Art bearbeiten wollen. Das kennen wir ja alles von Barcamps. Im Camp Q sollten die Teilnehmer aber auch Input von Experten bekommen, und zwar nicht nur in Form von Vorträgen, sondern auch im Austausch. Das kann ein klassisches Barcamp gar nicht leisten.
Was hat Sie beruflich zu dem werden lassen, der Sie heute sind?
Meine Neugierde. Nach einem klassischen Studium der Theater-Regie an der ehrwürdigen „Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch“ habe ich einige Jahre als Regisseur an Stadt-Theatern inszeniert und irgendwann gemerkt, dass sich in diesem Elfenbeinturm alles nur um sich selber dreht. Die Musical-Welt und meine Arbeit mit der Blue Man Group war der Sprung in ein mir unbekanntes Parallel-Universum. Und weil meine Neugierde auch damit noch nicht gestillt war, fing ich an für Events und Firmenveranstaltungen Regie zu führen.
Aber auch hier stößt meine Neugierde immer wieder an Grenzen – die wenigsten Veranstalter sind offen für Neues – das Team von Camp Q ist da wirklich die Ausnahme!
Wenn man ihr Umfeld fragen würde, wie sehr Sie selber quer denken? Was würden wir für Antworten bekommen?
Das Querdenken fällt mir tatsächlich nicht immer leicht, weil ich trotz aller Neugierde doch gerne an einmal gewonnenen Dingen festhalte. Darum arbeite ich so gerne mit Menschen, die mich durch ihre Spontanität und Kreativität herausfordern, quer zu denken. Miriam Janke, die Moderatorin des Camp Q, gehört genau zu diesen Menschen. Auf Miriams Antwort zu dieser Frage wäre ich sehr gespannt!
Welche Innovation wünschen Sie sich?
Manchmal wünsche ich mir, dass das Innehalten und Überdenken des nächsten Schrittes einer Innovation gleichkommt, und man gewisse Schritte nicht geht, auch wenn sie rein technisch möglich sind. Aber das ist eben nicht „innovativ“. In Bezug auf Künstliche Intelligenz bin ich da einfach sehr skeptisch, ob uns diese Innovationen auf lange Sicht wirklich gut tun.
Was wünschen Sie sich und dem Team von Creating Corporate Cultures für das Camp Q?
…offene Augen und Ohren bei den Teilnehmern – und in besonderen Momenten auch offene Münder 😉
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