#CampQ19
Zukunft

Brauchen wir mehr Mut für eine glänzende Zukunft?

Der nachstehende Blogbeitrag erscheint im Rahmen unserer Blogserie zum Camp Q:

 

Haben Sie eine Vision? Ich meine keine Halluzinationen wie Helmut Schmidt als er sagte, „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“. Ich meine das konkrete Bild einer faszinierenden, gemeinsam erstrebten und realisierbaren Zukunft Ihres Unternehmens?

Und in dieser Definition ist jedes Wort wichtig. Nur wenn alle Aspekte erfüllt sind, kann die Vision ihre volle Kraft entfalten, wie ich es schon in vielen Unternehmen gesehen habe.

Ich glaube, gerade in der heutigen Zeit, wo sich unsere Wirtschaft, Gesellschaft und die Technologien rasant verändern, in einer Zeit also, in der nichts mehr vorhersehbar und kein Geschäft mehr sicher ist, brauchen wir mehr Menschen mit einer starken Vision für die Zukunft: für sich selbst, für ihre Unternehmen und für die Menschheit.

Leider ist unser Gehirn evolutionär bedingt eher auf kurzfristigen Erfolg ausgerichtet. Wir bewerten intuitiv und emotional einen kleinen Gewinn im Hier und Jetzt immer höher als einen großen Gewinn in der Zukunft. Verschiedene Experimente der Verhaltensökonomie haben das in den letzten Jahren klar gezeigt. Getreu dem Motto „lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ verschenken wir täglich Chancen auf eine glänzende Zukunft für ein bisschen mehr Bequemlichkeit. Das ist ebenso ein Grund für den großen Erfolg von Populisten bei den Wahlen in der jüngeren Zeit wie für Fehlsteuerungen einer auf den kurzfristigen Shareholder Value ausgerichteten Unternehmensführung. Wir Menschen haben drei große Fehlorientierungen, die wir nur bewusst und mit einem Quäntchen Mut überwinden können.

Ich vs. Wir:

Zwar sind wir zu großen altruistischen Taten fähig. In vielen Fällen handeln wir aber doch sehr egozentrisch. Wir bewerten unseren eigenen Vorteil und den unserer Gruppe höher als den Nutzen für die Gemeinschaft insgesamt. Dennoch werden wir langfristig erfolgreicher sein, wenn wir uns auf den Nutzen für das Gesamtsystem fokussieren. Genau das forderte schon Kant mit seinem berühmten kategorischen Imperativ. Sinngemäß lautet er: Handle stets so, dass, wenn alle so handeln würden, die Welt eine Gute wäre. Langfristig eine gute Welt wäre, könnte man in unserem Kontext hinzufügen.

Hier vs. Welt:

Wir glauben, unser eigener Erfahrungshorizont bilde die Realität gut ab. Das ist aber nicht einmal annähernd so. Weder können wir uns vorstellen, wie stark sich unsere eigene Lebenswirklichkeit von der anderer Menschen unterscheidet, noch sehen wir wirklich klar, wie schnell sich die Welt um uns herum verändert.

Jetzt vs. Zukunft:

In der Verhaltensökonomie ist das Phänomen der „Zeitpräferenz“ (auch „Gegenwartspräferenz“ oder einfach „Sofort-Effekt“) inzwischen gut belegt: Menschen wollen eine bestimmte Sache oder eine Belohnung lieber sofort in der Gegenwart als später in der Zukunft genießen. Schon heute und nicht erst morgen etwas besitzen zu wollen, ist nachvollziehbar. Je weiter entfernt in der Zukunft eine Belohnung zu erwarten ist, desto weniger wert ist sie, sowohl rational als auch emotional.

Um die langfristig richtigen Entscheidungen zu treffen, müssen wir uns deshalb mental aus dem System, also unserem Unternehmen oder unserem Leben herausnehmen. Wir müssen von außen auf das Ganze schauen. Für ein ganzheitliches Zukunftsbild müssen wir aus verschiedenen Perspektiven und mit verschiedenen Mindsets auf die Zukunft schauen. Dabei beantworten wir fünf Fragen:

  1. Was kommt im Umfeld auf uns zu? (rational, kritisch, analytisch)
  2. Was könnte uns im Umfeld überraschen? (zweckpessimistisch, kreativ)
  3. Was könnten wir aus unserem Unternehmen / unserem Leben noch machen? (kreativ, imaginativ, transformativ)
  4. Was wollen wir aus unserem Unternehmen / unserem Leben machen? (visionär, optimistisch und realistisch zugleich)
  5. Was sind die nächsten Schritte? (pragmatisch)
Zukunft
Bild von Arek Socha auf Pixabay

Nur aus dieser ganzheitlichen Perspektive heraus können wir eine wirksame Vision und Strategie entwickeln – eine Vision, die die oben genannten Kriterien erfüllt und die gleichzeitig motivierend und zukunftsrobust ist. Dann können wir uns an einem Zukunftsbild orientieren, dass uns und andere begeistert und den Weg in eine glänzende Zukunft weist.

Dazu braucht es auch Mut. Es braucht Mut, weil wir uns aus unserer eigenen Komfortzone herausbewegen müssen – dahin wo das spannende Leben stattfindet. Es braucht Mut, weil wir immer auch auf Menschen treffen werden, die nicht sofort bereit sind, uns zu folgen, und die Gewohnheiten bewahren wollen, auch wenn sie nicht mehr in die Zeit passen. Es braucht Mut, weil wir unser eigenes Denken und Handeln hinterfragen müssen und weil wir uns manchmal eingestehen müssen, dass unsere heutigen Stärken unsere Schwächen von morgen sein können.

Aber dieser Mut lohnt sich, weil wir so langfristig erfolgreicher sein können. Er lohnt sich, weil wir so weniger überrascht werden.

Nur mit diesem klaren Bild, mit dieser klaren Vision, kann man überhaupt führen. Peter Drucker definierte den Leader so: „Somebody who has followers.“ Nur wenn Sie ein attraktives Zukunftsbild anbieten können, werden Sie in der Lage sein, Ihr Team, Ihr Unternehmen oder auch Ihr Land in die Zukunft zu führen. Die Frage „Wo führen Sie eigentlich hin?“ scheint zwar auf den ersten Blick banal, doch bei genauerem Hinsehen erkennt man schnell, dass viele Unternehmen keine echte Antwort auf diese Frage haben. Bestenfalls gibt es ein paar Allgemeinplätze von Kundenzufriedenheit, Innovationsfähigkeit und Marktführerschaft. Das hilft niemandem.

Eine gute Vision muss aber einen Unterschied machen. Sie muss Ecken und Kanten haben. Das geht nur durch Klarheit, Konzentration und Kürzung. Und zwar radikal. Die Vision muss das beschreiben, was wirklich wichtig ist, und sie muss klarmachen, was nicht wichtig ist. Auch dazu braucht es Mut. Denn Sie werden immer wieder mit Ansprüchen konfrontiert werden, wie „man üblicherweise so etwas schreibt“ oder was „politisch korrekt“ ist. Wenn Sie sich davon beeinflussen lassen, verlieren Sie an Profil und Attraktivität. Die Vision als Führungsinstrument verliert an Kraft. Haben Sie Mut für Ihre eigene Vision!



Kommentar verfassen