#CampQ19
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Wer sicherstellt, dass seine Mitarbeiter fair behandelt werden, ist als Unternehmen erfolgreicher

Der nachstehende Blogbeitrag erscheint im Rahmen unserer Blogserie zum Camp Q:

 

Für den Erfolg von Unternehmen und eine gute Zusammenarbeit in Arbeitsteams ist die Gerechtigkeit von zentraler Bedeutung. Deshalb lohnt es sich für Unternehmen, auf eine gerechte Behandlung ihrer Mitarbeiter zu achten.

Dutzende Studien belegen, dass organisationale Gerechtigkeit einen positiven Einfluss auf Zufriedenheit, Bindung, Motivation und Leistung hat. Mitarbeiter, die sich im Arbeitsalltag fair behandelt fühlen, sind also zufriedener, motivierter, fühlen sich stärker an ihr Unternehmen gebunden und erbringen bessere Leistung.

Wie wichtig die Gerechtigkeit für den Unternehmenserfolg ist wird oft unterschätzt. In der Führungskräfteentwicklung und bei der Stellenbesetzung spielen Werte wie Gerechtigkeit oder Fairness oftmals keine große Rolle. Ein möglicher Grund hierfür könnte darin liegen, dass unklar ist, unter welchen Bedingungen sich Mitarbeiter gerecht behandelt fühlen und wer dafür verantwortlich ist.

Die Gerechtigkeitsforschung zeigt, dass sich Mitarbeiter unter vier Bedingungen fair behandelt fühlen.

  1. Wenn die vorhandenen Ressourcen in der Organisation fair verteilt werden, wenn zum Beispiel das Gehalt in angemessenem Verhältnis zur eigenen Leistung und zur Leistung anderer steht (distributive Gerechtigkeit).
  2. Wenn die Entscheidungsprozesse im Unternehmen objektiv und unter Berücksichtigung aller relevanten Informationen durchgeführt werden, wenn also zum Beispiel die Leistung eines Mitarbeiters vorurteilsfrei beurteilt wird (prozedurale Gerechtigkeit).
  3. Wenn im Unternehmen offen, umfassend und wahrheitsgemäß kommuniziert wird und Entscheidungen nachvollziehbar erläutert werden, wenn also zum Beispiel die wichtigsten Controlling-Kennzahlen des letzten Quartals offengelegt werden (informationale Gerechtigkeit).
  4. Wenn Mitarbeiter höflich und respektvoll behandelt werden, wenn also zum Beispiel auch in stressigen Situationen, die von großem Druck gekennzeichnet sind, ein freundlicher und ruhiger Umgangston gepflegt wird (interpersonelle Gerechtigkeit).

 

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Bild von mohamed Hassan auf Pixabay

Wer die Verantwortung für die Fairness am Arbeitsplatz trägt

Entscheidend ist, wem die Mitarbeiter die Verantwortung für die erfahrene Fairness – oder die erlebte Ungerechtigkeit – zuschreiben. Für die distributive und prozedurale Gerechtigkeit machen Mitarbeiter in der Regel das Unternehmen als Ganzes und die Führungskräfte als Repräsentanten des Unternehmens verantwortlich. Distributive Entscheidungen und die Gestaltung von Entscheidungsprozessen werden also der Organisation und ihren Vertretern zugeschrieben. Erleben die Mitarbeiter diese als unfair, fühlen sie sich von ihrem Arbeitgeber und ihren Vorgesetzten schlecht behandelt, verringern sie ihr Engagement und verlassen mitunter sogar das Unternehmen.

Informationale und interpersonelle Gerechtigkeit repräsentieren dagegen die Fairness alltäglicher Begegnungen im Unternehmen. Die Mitarbeiter bewerten, was kommuniziert und wie mit ihnen umgegangen wird. Dafür werden zum einen die direkten Vorgesetzten verantwortlich gemacht, das heißt das Gerechtigkeitsempfinden von Mitarbeitern hängt zu einem Teil davon ab, inwieweit Führungskräfte die Regeln informationaler und interpersoneller Gerechtigkeit beherzigen.

Doch in Zeiten von New Work verändert sich das. Durch flache Hierarchien und das Arbeiten in Teams oder Squads interagieren Mitarbeiter häufiger und intensiver mit ihren Kollegen als mit ihren Vorgesetzten. Die Wichtigkeit der Arbeitsbeziehungen mit Kollegen steigt, während Arbeitsbeziehungen zu Vorgesetzten in der täglichen Arbeit an Bedeutung verlieren. Dadurch werden Kollegen zunehmend für die erlebte (Un-)Gerechtigkeit im Arbeitsalltag verantwortlich gemacht, sowohl im Hinblick auf die informationale als auch die interpersonelle Gerechtigkeit. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Zusammenarbeit im Team.

Erleben Mitarbeiter ihre alltäglichen Interaktionen am Arbeitsplatz als unfair, weil sie sich nicht ausreichend informiert oder respektlos und unhöflich behandelt fühlen, verschlechtern sich die Beziehungen zu ihren Kollegen. In der Folge sinkt nicht nur ihre Arbeitszufriedenheit. Die betroffenen Mitarbeiter sind im Unternehmen auch weniger motiviert, zu lernen und ihr Wissen und ihre Ideen mit Teamkollegen auszutauschen.

Arbeitszufriedenheit, Lernmotivation und Motivation zum Wissensaustausch wiederum sind zentrale Voraussetzungen für die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Teamkollegen. Mitarbeiter eines Unternehmens, die unzufrieden und unmotiviert sind, sich beruflich weiterzuentwickeln und sich mit Kollegen auszutauschen, weisen schlechtere Arbeitsergebnisse auf. Erlebte Ungerechtigkeit führt also langfristig zu schlechterer Leistung.

Zusätzlich besteht die Gefahr, dass durch erlebte Ungerechtigkeit die Leistung des Teams insgesamt nach unten gezogen wird. Teammitglieder, die Ungerechtigkeit erlebt haben und deshalb unzufrieden und weniger motiviert sind, können die Arbeitsatmosphäre im Team und im Unternehmen verschlechtern.

Wenn sich einzelne Teammitglieder nicht am Wissensaustausch beteiligen und Möglichkeiten der Weiterentwicklung nutzlos verstreichen lassen, wird die Zusammenarbeit blockiert. Dadurch sinkt die Teammoral. Erlebte Ungerechtigkeit hat also nicht nur negative Auswirkungen auf die betroffenen Mitarbeiter selbst, sondern kann sich auch negativ auf die Teamleistung – und damit auf den Erfolg des Unternehmens insgesamt – auswirken.

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Wie sich die negativen Auswirkungen mangelnder Gerechtigkeit verhindern lassen

Für Unternehmen ist es einerseits essentiell, die distributive und prozedurale Gerechtigkeit sicherzustellen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Antidiskriminierungsinitiativen oder Transparenzoffensiven sind hier nur besonders populäre Schlagwörter.

Mindestens ebenso wichtig ist es, dass Führungskräfte und Mitarbeiter im Alltag Haltung zeigen und sich um ein faires Miteinander bemühen. Ein höflicher und respektvoller Umgang, unabhängig von Hierarchieebene und Betriebszugehörigkeit, sowie eine offene, umfassende und wahrheitsgemäße Kommunikation sollten selbstverständlich sein. Haltung zeigen, heißt dabei auch, unfaire Situationen anzusprechen und Ungerechtigkeiten aufzudecken – gerade dann, wenn man nicht selbst betroffen ist oder sogar profitiert.

Unternehmen können dafür die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Führungskräften und Teammitgliedern sollte ermöglicht werden, Kollegen alle benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen sowie Grundlagen und Hintergründe von Entscheidungen offen zu legen und zu erläutern.

Regelmäßig zu erfragen, welche Informationen in welcher Form gebraucht werden, kann Führungskräften und Teammitgliedern helfen, den Informationsbedarf ihrer Kollegen richtig einzuschätzen. Höflichkeit und Respekt sollten integraler Bestandteil der Unternehmenskultur sein und als Beitrag zum Unternehmenserfolg wertgeschätzt werden. Top Manager und Führungskräfte übernehmen dabei Vorbildfunktion.

Zeigen wir also in zukünftigen Begegnungen mit Kollegen, Vorgesetzten und Mitarbeitern Haltung und investieren in einen gerechten Umgang miteinander. Gerechtigkeit und Fairness sind die notwendige Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit – unabhängig davon, in welcher Art von Unternehmen, in welchem Umfeld und in welcher Rolle wir tätig sind.

 

Leseempfehlung: Dieser Beitrag basiert auf folgendem Artikel:

Gerlach, G. (2019), Linking Justice Perceptions, Workplace Relationship Quality, and Job Performance: The Differential Roles of Vertical and Horizontal Workplace Relationships. German Journal of Human Resource Management. https://doi.org/10.1177/2397002218824320



Kommentare

  1. / von Martin Spilker

    Ein wunderbare Inspiration, Frau Gerlach. Was m. E. wirklich oft unterschätzt wird, ist die Verschiebung innerhalb der Organisationen von der vertikalen in die horizontale Ausrichtung. Nicht nur beim Thema: Verantwortung. Nach einer Umfrage von Edelman 2018 liegt das Vertauen in die Führung bei knapp über 40%, während 60% der Befragten einer „Person like me“ vertrauen. Das zeigt sich auch in unseren Executive Trainings: „Horizontales Vertrauen“ ist auch Teil (und Erfolgsfaktor) unserer Lernarchitektur.

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