Frauen

Frauen gehen eigene Wege (Teil 1)

7 Blogbeiträge für mehr Chancengleichheit in Unternehmen! Es kann nicht darum gehen, dass sich Frauen an ein System anpassen müssen. Vielmehr sollte sich die kulturelle Transformation für mehr Chancengleichheit in Unternehmen gerade in der Haltung und im Vorleben von Führungskräften zeigen, die es ernst meinen. Das ist harte Arbeit auf allen Seiten, doch fest steht: nur wenn es Unternehmen gelingt, den Wandel zu meistern, neue Arbeitszeitmodelle, Karrieremöglichkeiten und individuelle Lösungen für alle Mitarbeiter:innen anzubieten, werden alle profitieren – damit der Weg frei ist für eine zukunftsgerichtete, innovative Wirtschaft.

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Frauen gehen eigene Wege – nur wer diese kennt, kann weibliche Karrieren fördern

Mehr Frauen in Führungs- und Managementpositionen – das ist das erklärte Ziel zahlreicher Unternehmen in Deutschland. Doch zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft bis heute eine bemerkenswert große Lücke. Warum sind die bisher eingesetzten Maßnahmen zur Frauenförderung nur teilweise erfolgreich? Mit welchen Wünschen, Vorstellungen und Erwartungen machen sich Frauen auf ihren beruflichen Weg? Welche Förderung braucht es, um Frauen auf diesem Weg zu unterstützen?

Um diese Fragen zu beantworten, haben wir – ein Team von Sozialwissenschaftlerinnen der Universität Koblenz-Landau in Zusammenarbeit mit dem Team des Kompetenzzentrums Führung und Unternehmenskultur der Bertelsmann Stiftung – eine qualitative Studie durchgeführt. Wir interviewten 41 Frauen im Alter von 25 bis 60 Jahren. Ein Großteil der Interviewpartnerinnen hat bereits erfolgreich Karriere gemacht und konnten so die eigenen Karriereentscheidungen aus der Rückschau bewerten. Die Interviews, die durchschnittlich gut eine Stunde dauerten, wurden transkribiert und mit qualitativen Methoden analysiert.

Durch Flexibilität und Offenheit zum Ziel

Ein Ergebnis, das uns besonders überraschte, war, dass viele Interviewpartnerinnen sich für ihre Karriere keine langfristigen Ziele gesteckt hatten, weder was die angestrebte Zielposition noch den Weg dorthin betrifft. Diese Frauen deshalb für ambitionslos zu halten, wäre eine fatale Fehleinschätzung. Sie möchten erfolgreich Karriere machen – wobei Erfolg nicht unbedingt (und keinesfalls ausschließlich!) anhand von Hierarchieebene und Verdienst bemessen wird. Vielmehr streben die Interviewpartnerinnen Positionen an, in denen sie Verantwortung und Einfluss haben, in denen sie etwas bewegen und sichtbare Spuren hinterlassen können. Und sie wollen Positionen, in denen sie sich weiterentwickeln und neue Herausforderungen meistern können.

Um solche Positionen zu erreichen, verzichten viele Interviewpartnerinnen auf einen ausgetüftelten Karriereplan. Sie gehen ihren Karriereweg stattdessen mit großer Flexibilität und Offenheit. Diese flexible Haltung ermöglicht es den Interviewpartnerinnen, berufliche Chancen zu erkennen und Karriereschritte zu machen, die sie selbst nicht auf dem Schirm hatten. Und ihre flexible Haltung hat noch einen weiteren entscheidenden Vorteil für die Frauen: Sie müssen sich nicht zu früh auf einen Karriereweg festlegen, sondern können sich selbst, ihre Kompetenzen, Interessen und Bedürfnisse, im Verlauf ihrer Karriere immer besser kennenlernen. So erkennen sie, welche Positionen zu ihnen passen und welcher Karriereschritt am ehesten ihren Vorstellungen von einer erfolgreichen und erfüllenden Karriere gerecht wird. Dadurch sind sie in der Lage, für sie ungeeignete Positionen abzulehnen.

Förderung – flexibel und offen

Wie können Unternehmen Frauen fördern, die mit einer solchen flexiblen und offenen Haltung ihre Karriere angehen? Zunächst gilt es, im Talent Management drei Fehler zu vermeiden: (1) Eine Einheitsdefinition einer erfolgreichen Karriere vorzugeben, die Karriereerfolg vor allem an Grades, Paychecks und Job Titles bemisst. (2) Standardisierte Zeiträume festzulegen, innerhalb derer der jeweils nächste Karriereschritt erfolgen sollte, und Abweichungen von diesem Plan als Misserfolg zu bewerten. (3) Frauen, die keine langfristigen Karriereziele benennen können/wollen oder ihnen angebotene Karriereschritte ablehnen, als ambitionslos abzustempeln und von der weiteren Karriereförderung auszuschließen.

Statt einer langfristigen Karriereplanung, die Frauen unter den Druck setzt, früh in ihrer Karriere ihre Zielposition festzulegen und ihren Weg dorthin geradlinig zu verfolgen, sollten Unternehmen weiblichen Talenten verschiedene Karrierewege und Positionen eröffnen und dies im Lauf ihrer Karriere immer wieder tun, auch und gerade wenn eine angebotene Position zuletzt abgelehnt wurde. Gemeinsam mit dem weiblichen Talent sollte reflektiert werden, was für sie eine erfolgreiche Karriere ausmacht, in welchen Positionen ihre Fähigkeiten und Talente am besten zur Geltung kommen, welche Posten ihr die besten Entwicklungschancen bieten und welche Stellen am ehesten mit ihren beruflichen, aber auch privaten Wertvorstellungen im Einklang sind. Frauen, die eine Position ablehnen, weil sie nicht ihren Vorstellungen und Erwartungen entspricht, dürfen nicht aufs Abstellgleis geraten. Stattdessen sollte gemeinsam analysiert werden, worin der Misfit begründet war und worauf es dem weiblichen Talent beim nächsten Karriereschritt ankommt.

Flexibilität und Offenheit erfordern Selbstbewusstsein und Mut

Welche Tipps können wir auf Basis dieser Ergebnisse unserer Interviewstudie gerade jungen Frauen am Anfang ihrer Karriere mit auf den Weg geben? Zunächst ist es wichtig, sich darüber klar zu werden, ob Sie der Typ Frau sind, der seine Karriere offen und flexibel gestalten möchte. Eine flexible Haltung erfordert zwei Dinge: Selbstbewusstsein, im Sinne von self-awareness, und Mut.

Selbstbewusstsein ist erforderlich, um zu erkennen, worauf es einem in der eigenen beruflichen Entwicklung ankommt, für welche Werte man im beruflichen Kontext eintreten möchte und wo die eigenen Stärken und Entwicklungsfelder liegen. Fragen Sie sich selbst: Was macht für mich persönlich eine gute Karriere aus? Wenn ich am Ende meiner Karriere auf meinen beruflichen Werdegang zurückblicke, worauf wäre ich stolz? Welche Aufgaben erfüllen mich? Welche Kompetenzen zeichnen mich aus? Was will ich lernen, wo will ich mich verbessern? Dabei genügt es nicht, sich diese Fragen nur zu Beginn der Karriere zu stellen, sondern sich immer wieder neu zu (hinter-)fragen.

Mut braucht es, um offen zu bleiben und mit konventionellen Karriereerwartungen zu brechen. Halten Sie die Augen offen nach Karrierechancen. Warten Sie nicht, bis Ihnen eine passende Stelle angeboten wird, sondern suchen Sie proaktiv nach attraktiven Entwicklungsmöglichkeiten. Bringen Sie sich selbst ins Spiel, wenn eine interessante Stelle frei wird. Bewerben Sie sich auf spannende Positionen, auch wenn Sie Ihre Chancen gering einschätzen. Trauen Sie sich, einen Karriereschritt zu machen, auch wenn noch nicht klar ist, welcher nächste darauf folgt. Wehren Sie sich gegen frühzeitige Festlegungen auf einen Karriereweg. Trauen Sie sich, Positionen abzulehnen, die nicht zu ihren Vorstellungen einer guten Karriere oder ihren Fähigkeiten und Entwicklungsbedarfen passen. Treten Sie für Ihre Ambitionen ein, auch wenn diese unkonventionell sind und nicht dem Verständnis von Karriereerfolg entsprechen, das andere an Sie herantragen.

Wenn beides zusammenkommt – ein weibliches Talent mit einer flexiblen und offenen Karrierehaltung und ein Talent Management, das flexibel und offen unterschiedliche Karrierevorstellungen aufgreift und diverse Karrierewege ermöglicht – dann kann eine noch bessere, weil individuelle Förderung weiblicher Karrieren gelingen. Der Erfolg einer solchen Förderung lässt sich jedoch nicht allein am Anteil von Frauen in Führungs- und Managementpositionen festmachen. Entscheidend ist, wie viele Frauen – und Männer! – mit ihrer Karriere zufrieden sind und in einer Position tätig sind, die sie als erfüllend erleben.

Sie sind neugierig auf weitere Ergebnisse unserer Studie und die Debatten, die sie angestoßen haben? In den kommenden Wochen bieten mehrere Beiträge hier im Blog von Creating Corporate Cultures Einblicke in die Studienergebnisse und Denkanstöße – sei es für Frauen auf ihrem Karriereweg oder für Manager:innen und Führungskräfte, die nach besseren Wegen suchen, um weibliche Talente zu fördern.



Kommentare

  1. / von Blog | Creating Corporate Cultures | Frauen gehen eigene Wege (Teil 2) - Blog | Creating Corporate Cultures

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