Blog-Serie — Motivation ist machbar … aber anders als viele denken | Teil 1
Wie werden Menschen so wie sie sind – und können wir sie überhaupt verändern?
Menschen sind verschieden und streben daher auch unterschiedliche Erfolgs-Ziele an! Und anders, als wir lange Zeit geglaubt haben, lassen sie sich auch nicht beliebig formen und verändern. Doch woher kommen diese Unterschiede?
Was bedeutet Erfolg eigentlich für Sie ganz persönlich? Wenn wir diese Frage unseren Seminarteilnehmern stellen, erhalten wir sehr unterschiedliche Antworten: Gute Beziehungen in der Familie, einen stabilen Freundeskreis, überdurchschnittliches Einkommen, gute Beziehungen zu anderen Menschen, Anerkennung für unsere Leistung, sich endlich den Traumwagen leisten können, Harmonie und Gesundheit, finanzielle Unabhängigkeit, ehrgeizige Ziele erreichen, sich als Experte positionieren, um nur einige zu nennen. Sie sehen schon, es sind sehr unterschiedliche Dinge, die Menschen anstreben. Neben solchen ergebnisorientierten Erfolgsdefinitionen hören wir aber auch noch etwas anderes: Spaß haben an dem, was man tut, Work-Life-Balance verwirklichen, etwas Sinnvolles tun, über die eigenen Grenzen gehen, sich nicht verbiegen müssen, die eigenen Stärken umsetzen, anderen Menschen helfen, mit sich im Reinen sein; also spielen auch eher erlebnisbezogene Aspekte eine Rolle.
Und auch wenn Sie jetzt beim Lesen das Gefühl haben, dass viele dieser Antworten sich ganz gut anhören, haben die meisten Menschen doch klare Präferenzen, was beispielsweise ihre Top-3-Erfolgsziele sind. Ein schönes Beispiel dafür ist die Gesundheit. Natürlich möchte niemand schwer erkranken oder sich verletzen, trotzdem steht Gesundheit lange nicht bei allen Menschen ganz oben auf der Skala der Erfolgsziele. Falls Sie „no risk, no fun“-Hobbys frönen wie Motorradfahren, Downhill-Mountainbiking oder Gleitschirmfliegen, erkennen Sie sofort, warum. Stünde Gesundheit bei Ihnen ganz oben auf der Skala der Erfolgsziele, dann würden Sie einen Bogen um solche Aktivitäten machen. Schließlich weiß schon der Volksmund: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.
Es ist vollkommen unsinnig, darüber zu streiten, welche Ziele die richtigen oder die besseren sind. Stattdessen sollten wir anerkennen, dass Menschen unterschiedliche Ziele verfolgen und dabei unterschiedliche Prioritäten setzen. Und dass bei manchen eher das Ergebnis (Ziel) im Vordergrund steht und bei anderen eher der Weg das Ziel ist. Wenn wir genau hinsehen – oder, besser gesagt, hinhören –, dann ist Erfolg eine sehr individuelle Angelegenheit. Zwar wollen wir vermutlich alle erfolgreich sein, aber jeder versteht etwas anderes darunter.
Menschen sind nun einmal verschieden und streben daher auch unterschiedliche Erfolgs-Ziele an! Und anders, als wir lange Zeit geglaubt haben, lassen sie sich auch nicht beliebig formen und verändern. Doch woher kommen diese Unterschiede?
Es ist längst keine Frage mehr, ob es die Gene oder unsere Umwelt sind, die unsere Persönlichkeit formen, sondern wie diese beiden Faktoren zusammenspielen. Klaus-Peter Lesch, einer der Pioniere der molekular-genetischen Persönlichkeitsforschung, führt dazu aus: „Man kann sich die Persönlichkeit zusammengesetzt vorstellen aus dem ‚Temperament‘ – bestimmt durch die genetische Veranlagung – und dem ‚Charakter‘, der durch die Umwelt geformt wird“. Deshalb könne man zwar an seinem Charakter arbeiten, nicht aber sein Temperament verändern. Unsere biologische Ausstattung bildet damit quasi den Rahmen, innerhalb dessen Veränderungen möglich sind. Das Temperament gehört also gewissermaßen zum unveränderbaren Kern der Persönlichkeit und zeigt sich zugleich als biologischer Rahmen für den Charakter, der sich unter dem Einfluss der Umwelt entwickelt.
Der Psychiater Peter Kramer bezeichnet „Temperament“ als eine angeborene, genetisch veranlagte und chemisch genau festgelegte Eigenschaft für eine bestimmte Reaktion und Verhaltensweise. „Charakter“ sieht Kramer als gleichbleibende Verhaltensmuster, die sich aus Lebenserfahrungen ergeben haben (auch die unverwechselbaren Züge eines Menschen und seine moralischen Standpunkte). Charakter ist erlerntes Verhalten, Temperament ist angeboren. Charakter ist psychologisch definiert, Temperament biologisch. Persönlichkeit ist das Gesamtbild aus gewohnheitsmäßigen oder charakteristischen sozialen Verhaltensmustern und den Reaktionsweisen auf Herausforderungen, also eine Mischung aus Temperament und Charakter.
Das bestätigt auch der deutsche Hirnforscher Gerhard Roth, wenn er ausführt: „Man unterscheidet innerhalb der Persönlichkeit häufig zwischen dem Temperament (Kernpersönlichkeit), das hochgradig genetisch determiniert ist, und dem Charakter (erweiterte Persönlichkeit), der stark von Umwelteinflüssen bestimmt wird.“
Auch wenn viele Charaktereigenschaften eines Menschen durchaus stabil sind (vor allem im Alter), lassen sie sich doch grundsätzlich verändern und an eine veränderte Umwelt oder andere kulturelle Rahmenbedingungen anpassen. Doch erst das Zusammenspiel der beiden Komponenten Temperament und Charakter erklärt unsere individuelle Persönlichkeit und bestimmt unser Verhalten.
Wenn wir alle Studien zu diesem Thema betrachten, zeichnet sich etwa eine 50/50-Verteilung von Temperament und Charakter ab:
- Durchschnittlich 50 Prozent unserer persönlichen Eigenarten gehen auf unser Temperament zurück. Sie sind genetisch veranlagt und zeitlich stabil. Damit gibt das Temperament den Rahmen vor, in dem sich unser Charakter entwickelt.
- Die anderen etwa 50 Prozent sind umweltbedingt und kennzeichnen unseren Charakter; sie sind somit grundsätzlich form- und veränderbar, allerdings nicht so beliebig, wie wir lange Zeit geglaubt haben.
Eine vereinfachende Analogie verdeutlicht diesen Zusammenhang: „Durch den Kern (und die darin enthaltenen Gene) einer Frucht wird festgelegt, ob sich daraus zum Beispiel ein Pfirsich oder eine Pflaume entwickelt. Die Umwelt (Witterung, Standort, Bodenbeschaffenheit, Schädlinge oder Behandlung durch den Menschen) ist in hohem Maße für den ‚Charakter‘ der Frucht und damit auch für die Qualität des Fruchtfleisches verantwortlich. Aber: Welche Umweltbedingungen auch immer vorherrschen, aus einem Pfirsichkern wird sich niemals eine Pflaume entwickeln können.
Lesen Sie im nächsten Beitrag:
Der genetische Code unserer Persönlichkeit – welche stabilen Grundmuster gibt es und warum sind sie so wichtig?
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Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch:
„Sei du selbst, sonst geht’s dir dreckig – warum Erfolg nicht mit Patentrezepten, sondern nur individuell machbar ist.“ von Ralf China und Juergen Schoemen
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