Reverse Mentoring – Eine Liebeserklärung
BUSINESS UNUSUAL – der Perspektivwechsel verbunden mit Mut zur Umsetzung ist für Führungskräfte heute ein Muss. Mit unserem Camp Q – der Leadership Konferenz für Querdenker wollen wir Führungskräfte dazu inspirieren und gleichzeitig dabei unterstützen, gesellschaftlich und nachhaltig zu handeln. Eben anders zu führen. Denn angesichts der Schnelllebigkeit und Komplexität in Wirtschaft und Arbeitswelt müssen wir die Herausforderungen der Zukunft neu angehen und Querdenken! Dazu möchten wir mit unserem heutigen Blog anregen.
Zu meinem letzten Beitrag „Die Mitarbeiter von morgen – 5 Ansätze zum erfolgreichen führen von Digital Natives“ haben mich einige Kommentare und Mails erreicht, es gab spannende Diskussionen! Und damit sind wir auch schon direkt im Thema: Für mich ist ein Schlüsselelement der Transformation der Austausch, die Diskussion, der Dialog. In diesem Beitrag will ich die Bedeutung von Reverse Mentoring hervorheben. Und was genau ist das überhaupt? So viel am Anfang: Reverse Mentoring ist eines meiner absoluten Leidenschaftsthemen – es ist wirksam, erlebbar und dabei so genial einfach umsetzbar wie kaum ein anderes Format. Dass die Generationen miteinander sprechen müssen, drängt sich aktuell auf wie kein zweites Thema. Das zeigen nicht nur die aktuellen „OK Boomer“– oder Greta-Diskussionswellen, die durchs Netz schwappen.
Aber beginnen wir einen Schritt weiter vorne…
Technologien entwickeln sich bekanntermaßen exponentiell (genau, ich meine Moore’s Law). Wenn Menschen sich dagegen weiterentwickeln, wenn sie lernen, dann passiert das vornehmlich linear (auch das ist übrigens ein super spannendes Thema zu Vertiefung, aber das nur am Rande).
Damit Organisationen den (digitalen) Wandel meistern können, gilt es also, die Lücke zwischen der (exponentiellen) technologischen Entwicklung und der (linearen) Entwicklung der Menschen zu schließen. So gut es eben geht. Es hilft wenig, tolle Apps und technische Neuerungen rauszubringen, wenn diese nicht beim Kunden ankommen. Wenn es zwar technisch super, aber am Kunden vorbei entwickelt ist – oder weil der Mitarbeiter im Vertrieb es einfach nicht versteht, bringt das coolste Gadget nichts. Es ist wie so oft: Das Schließen dieser hier beschriebenen Lücke beginnt ganz oben.
Verständnis schaffen, kulturellen Wandel fördern
Würden Sie einen Song von Capital Bra (der mittlerweile mehr Nr. 1-Hits rausgebracht hat als die Beatles!) erkennen? Oder würden Sie Kyle Geiersdorf (der als Fortnite-Weltmeister mit 3 Mio. Euro gewonnen hat) auf der Straße erkennen? Wenn nicht, sind Sie nicht alleine. Gewohnheiten und Konsumverhalten verändern sich. Das ist ganz normal. Die Generationen driften auseinander, geteilte gemeinsame Realitäten schwinden. Hinzu kommt ein dramatisch wachsender Nachwuchs- und Fachkräftemangel mit neuen Anforderungen an Unternehmen und Führungskräfte.
Reverse Mentoring hilft, diesem „Auseinanderdriften“ entgegenzuwirken. Dabei ist es mehr als ein Austausch zu Digitalisierung: Es fördert den kulturellen Wandel im Unternehmen mit dem Ziel, digitales Knowhow und ein neues Mindset in der Organisation zu verankern. Es geht eben nicht um theoretisches Wissen, bunte Sitzsäcke und schöne Plakate in der Lobby, sondern um einen lebendigen Austausch, ein Kennenlernen der Lebenswelten unterschiedlicher Generationen.
Reverse Mentoring stellt das klassische Mentoring auf den Kopf. Hier lernen die „Digital Immigrants“, also die vor 1981 Geborenen, von den „Digital Natives“. Das können Nachwuchskräfte, Berufsanfänger oder einfach junge Mitarbeiter sein. Sie haben die technologische Entwicklung quasi bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Digital Natives geben das Tempo in den Märkten vor und sind mit ihren veränderten Gewohnheiten ein wesentlicher Grund dafür, dass herkömmliche und seit vielen Jahrzehnten bestehende Geschäftsmodelle immer stärker angegriffen werden. Außerdem sind Digital Natives durch verändertes und steigendes Konsumverhalten eine äußerst relevante Zielgruppe.
Insbesondere für Führungskräfte ein mehrwertbringendes Konzept
In letzter Zeit war ich in vielen Konzernen, im Mittelstand, in Kirche oder Politik unterwegs und habe manchmal selbst als Mentor Führungskräfte und Vorstände bei der Transformation unterstützt. Ich begegne Managern, die ihre eigene Unternehmens-App nicht nutzen, Führungskräften, die Home-Office strikt ablehnen oder sehe unterirdische Social Media-Auftritte. Zumindest auf den ersten Blick muss man sagen: Die Herausforderungen sind überall ziemlich dieselben.
Es ist ja auch klar, denn die Aufgaben von Führungskräften werden vielschichtiger: Motivieren, Fördern, Digitalisieren, das Bestehen gegen Start-ups und Tech-Konzerne sichern – und dabei zusätzlich das Unternehmen (und sich selbst) weiterentwickeln. Plötzlich verschwindet schon mal der Überblick über die richtigen Prioritäten. Es gibt aber Fragen, die Führungskräfte niemals aus dem Blick verlieren sollten:
• Verstehe ich die Kunden von morgen?
• Weiß ich, wie ich Technologien oder Social Media richtig nutze?
• Gibt es eine offene Feedbackkultur in meinem Unternehmen?
• Wie interpretiere ich die Anforderungen neuer Talente und werde oder bleibe für sie attraktiv?
Wer Antworten auf solche Fragen sucht, ist beim Reverse Mentoring ganz richtig. Dabei ist wichtig, sich auf einen Austausch auf Augenhöhe einzulassen. Mehrwert entsteht nicht durch eine klassische „Berater-Konsumenten-Haltung“ zwischen Mentor und Mentee, sondern durch offenen Austausch und das Interesse am Perspektivenwechsel.
Für Mitarbeiter, Führungskräfte und Organisation ein WIN-WIN(-WIN)
Reverse Mentoring ist eine Investition in die Zukunft. Ein Startpunkt zur Stärkung der Lern- und Innovationskultur, die in Zeiten exponentieller Veränderung immer wichtiger wird. Es geht um digitalen Wissensaustausch, Ausbau der Digitalkompetenz und einen gegenseitigen Perspektivenwechsel. Davon profitiert die Organisation, Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen.
Reverse Mentoring ist kein Consulting Bla-Bla oder Change-Esoterik. Es ist einfach, flexibel und bringt die Dinge auch einfach mal auf den Punkt. I LOVE IT.
Kommentare
Hallo Paul,
ich finde viele gute Punkte in deinem Text. Macht ihr solche Programme denn auf freiwilliger Basis? Aus meinem eigenen Umfeld eine Ergänzung: Ich erlebe, dass meistens nur die mitmachen, die ohnehin schon auf einem „guten Weg“ sind (egal ob Reverse Mentoring oder vergleichbare Maßnahmen). Also den Bedarf bei sich erkannt haben, offen sind, lernen wollen… Die Mehrheit (Old Boys Club etc) erkennt dies ja gar nicht oder glaubt schon alles zu wissen. Wie geht ihr damit um? Lg Pat
Hi Patricia,
du wirst erstaunt sein, wie viele Führungskräfte, die schon länger in ihrem Unternehmen arbeiten, offen sind für Programme wie Reverse Mentoring! Klar, die ersten sind immer die „Front Runner“, aber wirklich coole Programme sprechen sich schnell herum und plötzlich gibt’s Teilnehmer, mit denen man vorher nie gerechnet hat! Wer merkt, dass etwas wirklich hilfreich ist, lernt auch lieber. Und klar, das geht nur auf freiwilliger Basis. Wenn man gezwungen wird, lernt niemand gerne, sondern wenn’s Spaß macht!
Viele Grüße!