Coronakrise

Meine Erfahrungen aus der Zeit in der Coronakrise (Teil 6)

„Wenn Krisen ehrlich machen …“ – es war nicht nur der Titel unseres digitalen Camp Q – der Leadership-Konferenz für Querdenker am 16. Juni 2020. Wir als Team des Kompetenzzentrums haben es auch als Einladung an uns selbst verstanden, uns Gedanken zu unseren Gefühlen und Einschätzungen zur Coronakrise aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu machen. Entstanden ist ein Kaleidoskop aus fachlichen Betrachtungen und persönlichen, oft einfühlsamen Eindrücken. Denn, diese Krise hat viele Gesichter. Aber vor allem verbergen sich dahinter Menschen … Mit mehreren Blogbeiträgen möchten wir nicht zuletzt dazu einladen, sich mit eigenen Gedanken zu beteiligen.


 

#homeofficehomeschoolinghomekindergardeningwahnsinn

In der ersten Woche waren wir, meine zwei Mädchen (3 und 10 Jahre alt) und ich, sehr motiviert und haben Listen und Pläne für die „Corona-Ferien“ gestaltet. In den ersten zwei Wochen sind wir auch mit dem Plan gut gefahren. Aber die dritte Woche war geprägt von einem großen Tief. Ich musste mir eingestehen, dass das alles doch nicht so einfach ist, wie meine Pläne es mir noch vor zwei Wochen suggerierten.

Meine kleine Tochter forderte immer mehr: basteln, malen, Spiele spielen, gemeinsam backen, Bespaßen im Garten, vorlesen – zack waren die 30 Minuten auch schon rum – und nun? Das Schwierigste war eigentlich, dass man neben dem Homeoffice und Homeschooling noch trösten, schlichten, koordinieren, erklären, kochen, putzen, Wäsche waschen, und einkaufen musste – alles ohne Hilfe und ohne Randzeiten. Es war an der Zeit unsere Pläne und Vorstellungen umzuwerfen und neu zu gestalten, um eine gewisse Struktur aufrecht zu erhalten.

Viele Kinder werden in der Coronakrise wohl auf der Strecke bleiben

Mit der Schulschließung haben wir für die ersten drei Wochen viel Material zum Ausdrucken, Bearbeiten, Einscannen und Zurückschicken erhalten und meine Tochter hat es mit mehr oder weniger Unterstützung auch gut geschafft. Probleme werden eher die Kinder gehabt haben, die in der Schule sowieso schon Schwierigkeiten hatten. Diese Schüler werden in dieser Ausnahmesituation leider auf der Strecke bleiben.

Für die weiteren zwei Wochen wurden die Schulaufgaben auf einer Online-Lernplattform zur Verfügung gestellt, die auch direkt digital bearbeitet werden mussten. Mir sind z. B. zwei Fälle aus der Klasse meiner Tochter bekannt, wo die Eltern weder der deutschen Sprache mächtig sind noch irgendwelche digitalen Endgeräte zu Hause zur Verfügung stehen.

Ich musste in dieser Zeit auch sehr oft an die Kinder denken, für die die Schule oder der Kindergarten eher ein Zufluchtsort war, da sie zu Hause vernachlässigt werden oder häusliche Gewalt erfahren. Oder wo sie wenigstens eine warme Mahlzeit am Tag bekommen haben.

Jeder nimmt „seine“ Situation in der Coronakrise anders wahr

Ich glaube, es gibt zu diesem Thema nicht nur schwarz oder weiß. Jede Familie ist anders:
Eine Alleinerziehende mit drei Kindern im Homeschooling und Homeoffice ohne jegliche Hilfe stößt schnell an ihre physischen und psychischen Grenzen. Auf der einen Seite gibt es Frauen, die erschöpft sind mit „nur“ einem Kind – ohne Homeoffice und Homeschooling – und sich nicht trauen sich zu „outen“. Auf der anderen Seite gibt es Frauen, die dankbar sind für jetzt so viel Zeit mit der Familie und sind trotzdem nicht überarbeitet oder erschöpft. Die freuen sich, dass sie nicht nach langem Schul-, Kita- und Arbeitstag noch zum Reiterhof oder zur Musikschule oder zum Einkaufen hetzen.

Es gibt Verlierer und Gewinner in der Coronakrise

Ich glaube, dass die Mütter die größten Verlierer der Corona-Zeit sind: z. B. kann es nicht sein, dass eine Mutter wirklich nur einmal ganz alleine war, als sie mit dem Haustier zum Tierarzt musste und das den Kindern verschwiegen hat. Oder dass eine Mutter jetzt das Joggen angefangen hat, um vor der Familie zu fliehen. Oder dass ein Zahnarzttermin für eine Mutter das Highlight des Tages wird, usw.

Es ist ja nicht so, dass ich vor der Corona-Zeit weniger Alltagshetzerei hatte – aber dieser Stress war strukturiert: Vormittags war ich arbeiten, Kinder in der Schule/Kita, nachmittags Einkäufe erledigen und anschließend Kinder einsammeln. Dann zum Sport- oder Reitunterricht; dann wieder Kinder einsammeln. Es gibt natürlich auch Punkte, die toll sind: z. B. dass der Terminkalender nicht mehr so überfüllt ist und somit etwas Entschleunigung reingekommen ist; aber trotzdem wünschte ich mir etwas alten „Alltag“ wieder zurück.

Ich freue mich für die, die gerade diese herausfordernde Zeit genießen und so positiv sehen und nur so wirklich davon profitieren. Ich finde es ehrlich gesagt weder furchtbar noch besonders schön. Es hat eben von beidem etwas.

 


Weitere Blogbeiträge zur „Coronakrise“ finden Sie hier:

Teil 1 „Opa, wie war das noch damals mit dieser Krise …“
Teil 2 „Krisenmanagement und Corona – Wenn der Schwarze Schwan zuschlägt“
Teil 3 „Wie ich die Coronakrise wahrnehme …“
Teil 4 „Gibt es DIE Corona Zeit? Hier ist meine.“
Teil 5 „Das Ding mit dem Homeoffice …“



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