Frauen

Frauen gehen eigene Wege (Teil 6)

7 Blogbeiträge für mehr Chancengleichheit in Unternehmen! Es kann nicht darum gehen, dass sich Frauen an ein System anpassen müssen. Vielmehr sollte sich die kulturelle Transformation für mehr Chancengleichheit in Unternehmen gerade in der Haltung und im Vorleben von Führungskräften zeigen, die es ernst meinen. Das ist harte Arbeit auf allen Seiten, doch fest steht: nur wenn es Unternehmen gelingt, den Wandel zu meistern, neue Arbeitszeitmodelle, Karrieremöglichkeiten und individuelle Lösungen für alle Mitarbeiter:innen anzubieten, werden alle profitieren – damit der Weg frei ist für eine zukunftsgerichtete, innovative Wirtschaft.

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Vom Schatten ins Licht. Frauen, werdet sichtbar!

 

RAUS AUS DEM STILLEN KÄMMERLEIN! FRAUEN SOLLTEN ZEIGEN, WAS SIE KÖNNEN, UND WISSEN, WOHIN SIE WOLLEN.

Liz Mohn, Stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes der Bertelsmann Stiftung, ist überzeugt: „Man muss sichtbar werden!“ Sonst kommt man gerade als Frau in der Wirtschaft nicht voran. Geduldig abzuwarten, dass dem Chef oder der Chefin auffällt, was alles in einem steckt, bringt gar nichts. Die Studie „Die Rollen der Frau – Rollenvorstellungen und Karriereentscheidungen“ der Bertelsmann Stiftung zur Situation von Frauen mit Karriereambitionen unterstreicht die Erfahrung der Topmanagerin: Für ein Viertel der für die Untersuchung interviewten Teilnehmerinnen ist berufliche Sichtbarkeit ein zentraler Faktor für die erfolgreiche Karriere.

Eine 51-jährige Führungskraft beschreibt, warum es nicht reicht, die eigenen Kompetenzen zu kennen:

„Wenn ich nur zu Hause sitze und sage: ,Ich bin die Beste, ich bin die Kompetenteste‘, mich aber niemand kennt, dann bringt das nichts. Ich muss auf dem Radar der Entscheidungsträger erscheinen, ihnen meine Kompetenzen zeigen und signalisieren: ,Ich bin bereit!‘ Denn da oben ist die Luft ja dünn. Dort empfehlen Menschen andere Menschen, denen sie vertrauen.“

Letztlich funktioniert die Unternehmenswelt nach festen Regeln: Wer aufsteigen möchte, sollte einen guten Job machen – aber zugleich müssen die Entscheiderinnen und Entscheider in der nächsten Hierarchieebene von den Kompetenzen, Erfolgen und dem Wunsch nach Aufstieg erfahren.

 

Wie macht man sich intelligent sichtbar? Frauen müssen verschiedene Hürden überwinden. Zum einen besetzen Männer häufiger die sichtbaren Positionen: Sie präsentieren Projektergebnisse, äußern sich häufiger in Meetings, vertreten das Unternehmen auf Podiumsdiskussionen. Viele Frauen verhalten sich hingegen zögerlich bis zurückhaltend. Sie möchten auf keinen Fall aggressiv oder angeberisch wirken. Frauen wissen, dass der Grat, auf dem sie sich in der ersten Reihe bewegen, schmal ist. Schmaler als für Männer, denen ein forsches Auf- und Eintreten für die eigenen Karriereinteressen in der Regel nicht negativ ausgelegt wird (siehe auch Blogbeitrag zur Likeability-Falle).

Das Netzwerk „Global Digital Women“ zeigt eindrucksvoll, wie viel sich bewegt, wenn Frauen deutlich sichtbar auftreten. Die Veranstaltungen des Unternehmens bringen Frauen mit Expertise in verschiedenen Kategorien der Digitalisierung zusammen – und durch seine gute Präsenz in den sozialen Medien werden diese Expertinnen weithin sichtbar. Die Gründerin von „Global Digital Women“, Tijen Onaran, sorgt außerdem dafür, dass auf Panels und Podiumsdiskussionen im digitalen Kontext immer häufiger Expertinnen sitzen. In einem Onlinemagazin stellt sie regelmäßig Frauen aus aller Welt vor, die mit ihrer digitalen Expertise beruflich erfolgreich sind.

Der Digital Female Leader Award zeichnet Frauen aus, die die Digitalisierung prägen und gestalten. Die Wirkung ist greifbar: Frauen, die mit dem Award ausgezeichnet wurden, berichten sogar davon, dass sie kurz nach der Ehrung Aufstiegsangebote in ihrer Firma bekamen. In den vier Jahren seit der Gründung wuchs die Community von zwölf auf 30.000 Frauen. Tijen Onaran ist fest davon überzeugt, dass heute mehr als je zuvor gilt: „Wer nicht sichtbar ist, findet nicht statt.“

Fränzi Kühne, Aufsichtsrätin bei der Freenet AG, sorgt für mehr Sichtbarkeit von Frauen, indem sie bei Anfragen für Panels und Podiumsdiskussionen nur noch zusagt, wenn 50 Prozent Frauen auf der Bühne sitzen und sprechen. Andere, gern auf dem Podium gesehene Frauen – und inzwischen auch Männer! –, tun es ihr gleich und bieten an, weitere Frauen mitzubringen, damit für die paritätische Besetzung der Expertenrunden gesorgt ist. Veranstalterinnen und Veranstalter behaupten sonst schnell, es gäbe keine Frauen zu einem spezifischen Fachgebiet.

Die Bedeutung der Sichtbarkeit für den Karriereerfolg gilt keineswegs nur für den digitalen Bereich, sondern für die gesamte Unternehmenswelt, stellt eine 46-jährige Managerin mit Führungsverantwortung in der Studie der Bertelsmann Stiftung fest:

„Insgesamt ist es wichtig, dass man sich heutzutage nicht nur in seiner Rolle innerhalb einer Organisation definiert, sondern dass man sich auch als Person definiert. Wir leben in einer Zeit, in der die Personen immer wichtiger werden, gerade durch die digitalen Möglichkeiten der Selbstinszenierung. Und ich glaube, dass diese Selbstinszenierung etwas ist, was jeder Manager heute für sich machen muss.“

 

Das hilft: Arbeits- und Organisationspsychologin Babette Brinkmann von der Technischen Hochschule Köln rät allen Frauen: „Wir müssen akzeptieren, dass Sichtbarkeit wichtig ist und nicht von selbst und schon gar nicht durch Fleiß kommt. Sichtbarkeit ist vielmehr eine strategische Entscheidung.“

Praxistool:
Bin ich noch unsichtbar oder sieht man mich schon?

So finden Sie heraus, ob Sie sich bereits karrierefördernd sichtbar machen:

  • Erstellen Sie eine Liste mit zehn Anfragen, Angeboten und Einladungen, die Sie in den vergangenen Wochen oder Monaten erhalten haben – ob von Kolleginnen, Kollegen, Vorgesetzten oder Personen außerhalb der Organisation, spielt dabei keine Rolle.
  • Wie wirkt sich das Angebot auf Ihren eigenen Status aus? Bewerten Sie jedes Angebot diesbezüglich auf einer Skala von +5 bis -5 hinsichtlich des Prestiges.
  • Wenn Sie allen Angeboten eine Statusladung zugeordnet haben, schauen Sie sich an, welche der Anfragen Sie abgelehnt und welche Sie angenommen haben. Ist dabei ein Muster erkennbar?
  • Schreiben Sie für jedes Angebot auf, warum Sie es angenommen beziehungsweise abgelehnt haben. Seien Sie ehrlich! Schauen Sie sich das Ergebnis an: Was erfahren Sie über sich? Sind Sie auf dem richtigen Weg, um einflussreicher zu werden, oder neigen Sie dazu, statushohe Angebote abzulehnen?
  • Ändern Sie Ihr Verhalten zugunsten von prestigeträchtigen, statushohen Angeboten.

Quelle: Edding und Clausen 2014: 201

Praxistipps für Führungskräfte und Personalverantwortliche:
Geben Sie Ihren weiblichen High Potentials Bühnen 

  • Ermuntern Sie Ihre Führungskräfte, dass sie Frauen wichtige Projekte anvertrauen und die Ergebnisse auch von ihnen präsentieren lassen.
  • Ermöglichen Sie Mitarbeiter:innen die Teilnahme an Förderprogrammen.
  • Sorgen Sie dafür, dass vielversprechende Frauen externe Auftritte bekommen, um Ihr Unternehmen auf Panels oder in Firmennetzwerken zu präsentieren.
  • Sorgen Sie dafür, dass Frauen in internen Medien vorgestellt werden und sich authentisch vorstellen können, zum Beispiel im Intranet oder in ausgewählten Aktionen.
  • Etablieren Sie Mentoring-Programme zwischen Führungsfrauen und höheren Managerinnen bzw. Managern.

Quelle: Bönke, Harnack und Wetter 2019

 

Autorin: Carola Kleinschmidt, Journalistin und Trainerin mit Schwerpunkt Älterwerden im Beruf.


 

Weitere Blogbeiträge zu „Frauen gehen eigene Wege“ finden Sie hier:

Teil 1 „Frauen gehen eigene Wege – nur wer diese kennt, kann weibliche Karrieren fördern“
Teil 2 „Der Frauenweg ist der Weg für Menschen! Karriere und Erfolg müssen neu definiert werden.“
Teil 3 „Arbeit neu denken, anders führen – Frauen bringen mit, was moderne Führung verlangt.“
Teil 4 „Zu nett für den Aufstieg? Vorsicht vor der Likeability- Falle!“
Teil 5 „Das Licht unter dem Scheffel. Von Selbstzweifeln und Hochstaplergefühlen.“



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